Pflegekosten:Wer Vorrang hat

Der Bundesgerichtshof behandelt unverheiratete Paare wie verheiratete - und das mit Recht.

Von Wolfgang Janisch

Man hätte das Dilemma der Familiensolidarität kaum besser auf den Punkt bringen können. Ein Paar ohne Trauschein, aber mit der Verantwortung für eine Patchwork-Familie soll vom ordentlichen, aber nicht gerade überbordenden Haushaltseinkommen nun 270 Euro für die Pflegekosten des alt gewordenen Vaters abzweigen. Die aktuelle Familie auf der einen Seite, die eigenen Eltern auf der anderen - eine schwierige Verteilungsfrage, über die der Bundesgerichtshof (BGH) nun entschieden hat.

Er hat in zweifacher Hinsicht eine gute Lösung gewählt. Erstens: Die aktuelle Familie hat Vorrang, wenn das knappe Einkommen verteilt werden muss. Das hat der BGH seit vielen Jahren so gehalten: Wer vom Sozialhilfeträger für die Pflegekosten der eigenen Eltern in Regress genommen wird, muss nur dann zahlen, wenn der eigene Lebensunterhalt und jener der Kinder gesichert ist. Dass die eigenen alt gewordenen Eltern in der Rangfolge der Ansprüche hinten stehen, hat nichts mit Undankbarkeit zu tun, sondern damit, dass die Generation der 40- bis 60-Jährigen als Steuer- und Unterhaltszahler ohnehin die Hauptlast trägt.

Noch wichtiger ist: Der BGH hat deutlich gemacht, dass eine einigermaßen großzügige Entlastung vom "Elternunterhalt" auch für unverheiratete Paare gelten muss. Das ist ein wichtiges Signal. Denn Familiensolidarität hängt nicht vom Trauschein ab.

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