Pfand:Ziel aufgegeben

Bei der Mehrwegflasche hat die Bundesregierung resigniert.

Von Jan Heidtmann

Jürgen Trittin, lange Jahre einer der prägendsten Figuren der Grünen, wird vermutlich vor allem für zwei Dinge in Erinnerung bleiben: für seine manchmal etwas unbeholfen-unwirschen Auftritte und für das Dosenpfand. Letzteres kämpfte er Anfang des Jahrhunderts mutmaßlich gegen die ganze Republik durch. Handel und Getränkeindustrie zogen bis vor das Bundesverfassungsgericht, "Schwachsinn" nannte Angela Merkel das Vorhaben. Doch Trittin ließ sich nicht beirren, die Pfandpflicht gilt seit dem 1. Januar 2003.

Das Dosenpfand war ja viel mehr als nur das, es war ein neuer Obulus auf die meisten Einwegverpackungen für Getränke. Trittins Ziel, die viel zitierte "zertretene Dose im Wald" zu verhindern, das ging auf. Gleichzeitig wurde durch das neue Pfand die Einwegflasche erst legitimiert. So ist der Anteil der Mehrwegverpackungen von einst über 70 Prozent auf klägliche 42 Prozent gesunken. Der Grund ist der Erfolg der PET-Flasche, sie kostet zwar Einweg-Pfand, aber sie ist leicht und das Getränk darin meist billig.

Geht es nach dem Entwurf für das neue Wertstoffgesetz, will die Bundesregierung nun ganz darauf verzichten, Mehrwegflaschen zu fördern. Von dem einst ehrgeizigen 80-Prozent-Ziel früherer Regierungen ist nichts übrig geblieben. Man könnte nun sagen, das sei nur pragmatisch. Man könnte aber auch an Jürgen Trittin und seinen Kampf denken.

© SZ vom 05.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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