Peter Simonischek:Mann mit Biss

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Der Burgtheater-Star kommt mit drei ganz unterschiedlichen Werken zum Filmfest. Im Eröffnungsfilm "Toni Erdmann" zeigt er Zähne.

Interview von Josef Grübl

Es ist dieser Tage gar nicht so einfach, Peter Simonischek zu erreichen: Der Schauspieler steckt mitten in Theaterproben, nebenbei dreht er einen Film, abends steht er regelmäßig auf der Bühne des Burgtheaters in Wien. Auf dem Filmfest feiern gleich drei neue Filme mit ihm Premiere, unter anderem der Eröffnungsfilm Toni Erdmann von Regisseurin Maren Ade. An einem verregneten Samstagvormittag im Juni klingelt aber das Telefon, an der anderen Leitung: Ein blendend aufgelegter Peter Simonischek.

SZ: Vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen. Ist bei Ihnen immer so viel los?

Simonischek: Momentan ist es besonders viel. Das liegt aber vor allem daran, dass ich relativ kurzfristig den Prospero in Shakespeares Sturm angenommen habe. Den sollte eigentlich ein Kollege spielen, der ist aber krank geworden. Also bin ich eingesprungen, wir stecken mitten in den Proben. Am 2. August ist Premiere bei den Salzburger Festspielen.

Einer für alle: Peter Simonischek hat von 2002 bis 2009 den Jedermann in Salzburg verkörpert. Beim Filmfest München spielt er für jung (Smaragdgrün) und älter. . . (Foto: Clemens Bilan/dpa)

Haben Sie dann überhaupt Zeit, aufs Filmfest zu kommen?

Zur Eröffnung mit Toni Erdmann habe ich mir schon freigenommen. Zu den Premieren von Smaragdgrün und Die Welt der Wunderlichs würde ich gerne kommen, das schaffe ich aber vermutlich nicht wegen der Theaterproben.

Als junger Mann haben Sie eine Ausbildung zum Zahntechniker begonnen. Wie fanden Sie das Gebiss, das sie als Toni Erdmann trugen?

Das kam von einem Dentallabor aus Berlin, die haben hervorragende Arbeit geleistet. Insgesamt brauchten wir ja acht verschiedene Gebisse, zum Sprechen, für Nahaufnahmen oder um die Zähne mit einem Ruck rausnehmen zu können.

Ein paar Tage nach der Uraufführung in Cannes hatten Sie eine Premiere am Burgtheater. In "Der Diener zweier Herren" sind Sie ebenfalls mit diesem fiesen Gebiss aufgetreten. Wie kam es dazu?

In Cannes haben mich die Journalisten ständig gefragt: "Haben Sie die Zähne dabei?" Also habe ich sie halt ab und zu mal raufgesteckt. Als ich dann zurück in Wien war, habe ich die Proben aus Spaß einmal mit den Zähnen gespielt. Davon waren alle so begeistert, dass wir es mit aufgenommen haben. Signore Pantalone de' Bisognosi grüßt also Toni Erdmann.

War das nur für die Premiere?

Nein, ich spiele jetzt jede Vorstellung damit. Das Gebiss habe ich übrigens im Theater im Safe verschlossen. Sie werden es nicht für möglich halten, aber auch dafür gibt es irgendwelche Deppen, die das klauen wollen. Dabei passt es doch nur mir.

Die Zähne sind eben ein Filmrequisit und leichter einzustecken als das Zottelvieh-Kostüm, in dem Sie im Film steckten. Stimmt es eigentlich, dass dieser Kukeri furchtbar gestunken haben soll?

Nun ja, wie halt so ein Ziegenbock stinkt. Die Felle wurden zwar gewaschen, aber da bleibt schon noch ein Geruch drin. Kennen Sie den Witz, in dem ein Mann bei einer Tombola einen Ziegenbock gewinnt?

Nein, erzählen Sie.

Sagt der Gewinner: "Den nehmen wir natürlich mit nach Hause, den Ziegenbock." Da meint seine Frau: "Ja, bist Du verrückt? Wo sollen wir denn den hintun?" Sagt er: "Wir haben doch Platz, der kommt ins Schlafzimmer." Da ist sie ganz aufgebracht und sagt: "Was, bist Du wahnsinnig? Dieser Gestank!" Darauf er: "Na, der wir sich schon daran gewöhnen . . . "

Im Film finden Sie falsche Zähne lustig und haben ein Furzkissen dabei, Ihrer Filmtochter ist das peinlich. Ist Humor auch eine Generationsfrage?

Ja, das merke ich auch bei meinen drei Söhnen. Ich bin immer ganz glücklich, wenn sie über dieselben Sachen lachen wie ich. Das kommt nicht so oft vor. Manchmal liegen wir alle auf dem Boden vor lauter Lachen. Aber dann gibt es Sachen, die sie komisch finden, über die ich überhaupt nicht lachen kann. Deutsche Comedy zum Beispiel, da kann man mich jagen damit.

Finden Sie lustig, was Toni Erdmann im Film macht?

Die Witze selbst sind ohne großen Belang, es geht mehr darum, warum er sie macht. Er versucht mit den Witzen, seine Tochter zurück zu erobern. Die blöden Zähne oder die Perücke sind nicht komisch, das allein wäre doch nur ein lahmer Witz. Und ein Furzkissen ist ja fast schon unterste Schublade. Darüber muss man nicht lachen. Die Komik entsteht, weil er überhaupt in diese andere Identität schlüpft und etwas riskiert. Darüber kann ich auch lachen.

Haben Sie eigentlich Maren Ades Vater kennengelernt? Es soll ja Parallelen zwischen ihm und Ihrer Filmfigur geben.

Ja, die gibt es sicher. Wir haben uns bei den Dreharbeiten kennengelernt, ich fand ihn unglaublich sympathisch. Er ist übrigens im Film auch kurz zu sehen.

An welcher Stelle?

Am Anfang gibt es diese Szene in der Schule, als die Schüler auf der Bühne stehen und ihren Lehrer verabschieden. Sie singen: "Wir sind tod-trau-rig, Herr Du-din-ger, dass Sie gehen, Herr Du-din-ger . . ." Dann folgt eine Einstellung, in der Herr Dudinger auf einem Rokoko-Sofa in der Turnhalle sitzt. Das ist der Vater von Maren Ade.

Toni Erdmann eröffnet das Filmfest München (nur mit persönlicher Einladung), Wiederholung am 24. Juni um 21 Uhr im Carl-Orff-Saal; die Jugendbuch-Adaption Smaragdgrün hat ihre Premiere am 24. Juni um 19.30 Uhr im Mathäser; die Screwball-Komödie Die Welt der Wunderlichs hat Premiere am 29. Juni um 19.30 Uhr im Arri Kino

© SZ vom 22.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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