Personalveränderungen in der Union:Das Fell des Bären

Im Wahlkampf geht es ums Kräftemessen - unter anderem mit Personalveränderungen. So werden in der Union schon vor der Wahl Posten gehandelt.

Stefan Braun

In der Politik gibt es viele Möglichkeiten, um Kräfteverhältnisse zu messen. Die wichtigste ist die Wahl, dahinter folgen die Meinungsumfragen. Als dritte Möglichkeit kommen zur Zeit die Personalspekulationen hinzu. Die sind für sich genommen zwar nichts Neues. Schließlich gibt es nur nach einer Bundestagswahl so viele Posten zu verteilen in der Hauptstadt.

Kanzlerin Merkel mit Ronald Pofalla und Ursula von der Leyen und Karl-Theoder zu Guttenberg; AFP

Gute Miene zum bösen Spiel? Kanzlerin Merkel will offenbar ihr Kabinett rundum erneuern.

(Foto: Foto: AFP)

Ungewöhnlich ist aber in diesem Jahr, wie sehr die Unterschiede bei den Gerüchten zugleich die unterschiedlichen Wahlaussichten widerspiegeln: Während in der SPD so gut wie nichts spekuliert wird, schießen in der Union täglich neue Gerüchte aus dem Boden. Gemessen daran könnten die Sozialdemokraten eigentlich schon einpacken.

In der Union stehen zwei im Zentrum, die der Kanzlerin vier Jahre gedient haben - und sich nach der Wahl verändern wollen: So gilt es als wahrscheinlich, dass CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla ins Kabinett wechseln möchte. Am liebsten würde der Sozialpädagoge wohl als Arbeitsminister die Sozialpolitik übernehmen.

Ähnlich sicher erscheint, dass Kanzleramtsminister Thomas de Maizière mehr ins Rampenlicht drängen wird, hier könnte das Bundesinnenministerium in Frage kommen. Als Chef des Kanzleramts kennt er sich in Sicherheitsfragen aus, und die von Innenminister Wolfgang Schäuble initiierte Islamkonferenz hat de Maizière mit dem Integrationsgipfel des Kanzleramts begleitet.

Für Schäuble freilich müsste Ersatz gefunden werden. Er ist auch in der CDU immer noch so stark, dass Merkel ihn nicht ohne großen Ärger in den Ruhestand schicken könnte. Für den Mann aus Baden würde der Posten eines EU-Kommissars in Frage kommen, zuständig für Wettbewerb, Industrie oder Innenpolitik. Offiziell ist derlei erst jüngst dementiert worden.

Tatsächlich aber wäre Schäuble ein geeigneter Kandidat, der trotz seiner 66 Jahre als starker Kommissar auftreten könnte. Schmerzen würde das nur enge Merkel-Vertraute wie den Wirtschaftsstaatssekretär Peter Hintze. Der ginge selbst gern nach Brüssel.

Als Nachfolger für Pofalla oder de Maizière kommt Norbert Röttgen in Frage, wobei als sicher gilt, dass dem derzeitigen parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion die Leitung des Kanzleramts lieber wäre als die der CDU-Parteizentrale. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass Röttgen ein kreatives Ressort aus Wirtschaft und Bildung übernehmen könnte.

Womit man bei Spekulationen wäre, die sich um Bundesbildungsministerin Annette Schavan ranken. Deren Haushalt wurde zwar so massiv ausgebaut wie nie in den letzten Jahrzehnten, trotzdem könnte sie in einer Koalition mit der FDP ihren Posten verlieren. Das erklärt, warum über einen Wechsel Schavans an die Spitze der Konrad-Adenauer-Stiftung spekuliert wird.

Doch so vielsagend solche Gerüchte sein können - sie tragen auch das Gift der Missgunst in sich. Unionsfraktionschef Volker Kauder sorgt deshalb vor: Er hat erst intern und nun öffentlich erklärt, dass er Fraktionschef bleiben möchte. Angela Merkel wird dies erst nach einem Wahlsieg entscheiden, wobei eins jetzt schon feststeht: Auf Edmund Stoiber wird sie nicht hören.

Stoiber hat am Wochenende erklärt, ein starker CDU-Ministerpräsident wie Roland Koch müsse EU-Kommissar werden. Diese Empfehlung kann ihm womöglich mehr schaden als nutzen. Denn für Merkel ist Stoiber kein Ratgeber mehr, seit er ihr 2005 mit seiner ganz persönlichen Personalrochade viel vermasselt hat vor und nach der Bundestagswahl.

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