Persönlichkeiten Georgiens:Künstler, Sportler, Diktatoren

Mehr als vier Millionen Menschen leben in Georgien. Manche sind über die Landesgrenzen zu Berühmtheit gelangt: als Politiker, Fußballer oder Sänger

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Katie Melua, ddp

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Sie ist zweifellos die schönste Botschafterin Georgiens: Die Sängerin Katie Melua, Jahrgang 1984, wuchs als Tochter eines Herzchirurgen im georgischen Batumi auf und zog 1993 mit der Familie nach Nordirland.

Ihre Stücke sind eine massenkompatible Melange aus Jazz, Blues und Pop. Melua absolvierte eine Ausbildung an der BRIT School in London Borough of Croydon, die sie 2003 mit Auszeichnung abschloss. Übrigens zählte eine gewisse Amy Winehouse damals zu ihren Mitschülerinnen.

Ihr erstes Album "Call off the Search", für das sie zwei Stücke selbst geschrieben hatte, erschien 2003 und schaffte es wenige Monate später auf den ersten Platz der britischen Charts. Kurz darauf startete Katie Melua in Großbritannien ihre erste Welttournee, die sie auch nach Deutschland führte.

Vor zwei Jahren sicherte sich die Sängerin mit ihrer honigsüßen Stimme zudem einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde: Sie spielte auf dem Boden der Bohrinsel Sea Troll in der Nordsee 303 Meter unter dem Meeresspiegel. Das war das bis dahin tiefste Unterwasserkonzert, das jemals stattgefunden hatte.

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Schewardnadse, dpa

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Im Westen ist er für seine Verdienste als sowjetischer Außenminister Ende der achtziger Jahre anerkannt, in Georgien steht er für die enttäuschten Hoffnungen des Landes nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion: Eduard Ambrosjewitsch Schewardnadse wurde am 1928 in Georgien unweit des Schwarzen Meeres geboren.

Seit 1948 ist er Mitglied der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), 1985 beruft ihn der damalige KPdSU-Generalsekretär Gorbatschow als Außenminister nach Moskau. In diplomatischen Fragen bis dahin unerfahren, gewinnt Schewardnadse unerwartet rasch Statur und prägt in den folgenden fünfeinhalb Jahren die neue Außenpolitik der Sowjetunion.

Mit seinem Namen verbunden sind die wichtigsten außenpolitischen Entwicklungen dieser Zeit: der sowjetische Rückzug aus Afghanistan, der Erfolg der Abrüstungspolitik, die Duldung und Förderung der politischen Umwälzungen in Osteuropa, die Vereinigung Deutschlands und die Zusammenarbeit mit den USA und den anderen Ländern des Westens gegen den Irak in der Golfkrise.

Als Präsident Jelzin 1991 das sowjetische Außenministerium vom russischen Außenamt übernehmen lässt, endet Schewardnadses aktive Rolle in Moskau. 1992 wird er als künftiges Staatsoberhaupt Georgiens gewählt. Politische Beobachter zweifeln jedoch daran, dass die Wahl demokratischen Standards entsprach.

Die politischen Spannungen mit den abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien wachsen, die Wirtschaft kriselt. Schewardnadse entgeht mehrmals nur knapp Attentaten. 1999 erreicht er für sein Land die Aufnahme in den Europarat und denkt auch laut über eine mögliche Eingliederung in die Nato nach.

Mit umstrittenen, nach Einschätzung von OSZE-Beobachtern manipulierten Parlamentswahlen wird 2003 das vorzeitige Ende der Ära Schewardnadse eingeleitet. Ihm folgte Michail Saakaschwili im Amt.

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Stalin, AP

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Sein Name ist System: Das bürokratisch-diktatorische Herrschaftssystem, das Josef Stalin aufgebaut und bis in Details hinein persönlich gelenkt hat, ging als Stalinismus in die Geschichte ein.

Die Zahl der Opfer seiner Politik wurde von Forschern unterschiedlich eingeschätzt: Während manche Historiker von 3 bis 4 Millionen Todesopfern ausgehen, nennen andere etwa 9 oder 15 Millionen.

Josef Stalin kam im georgischen Gori bei Tiflis als Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili zur Welt - Die Angaben über sein Geburtsdatum jedoch variieren zwischen 1878 und 1879. Seit 1922 war er Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), seit 1946 Vorsitzender des Ministerrats der UdSSR und in den Jahren 1941 bis 1945 Oberster Befehlshaber der Roten Armee. Nachdem er sich im Machtkampf innerhalb der Partei durchgesetzt hatte, behielt er diese Ämter bis zu seinem Tod im Jahr 1956.

Seit 1929 trieb Stalin die Entwicklung der Schwerindustrie voran und setzte die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft durch. Im Zuge der Enteignung der Großbauern wurden Hunderttausende deportiert und ermordet. Die Zwangskollektivierung führte vor allem in Gebieten an der Wolga und in der Ukraine zu einer schweren Hungersnot, die mehrere Millionen Menschen das Leben kostete.

Sein Name ist auch eng verknüpft mit den blutigen "Säuberungen", in deren Verlauf Stalin alle vermeintlichen oder tatsächlichen Gegner seiner Herrschaft in Partei, Staatsapparat und Armee verfolgte. In den Moskauer Schauprozessen wurde zwischen 1936 und 1938 nahezu die gesamte bolschewistische Elite der Oktoberrevolution verurteilt.

Als wichtiger Partner zuerst des nationalsozialistischen Deutschlands und später der Alliierten hatte er einen entscheidenden Einfluss auf Beginn und Verlauf des Zweiten Weltkrieges sowie auf die Nachkriegsgestaltung Europas.

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Margwelaschwili, Goethe-Institut

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In seinen Werken schildert der deutsch-georgische Schriftsteller Giwi Margwelaschwili nicht nur seine persönlichen Erlebnisse, er reichert sie an mit skurrilen und pointierten Analysen, arbeitet immer auch die politischen und historischen Hintergründe ein, die sein Leben geprägt haben.

Margwelaschwili wurde 1927 in Berlin geboren. Seine Eltern georgischer Herkunft hatten sich dort kurz zuvor niedergelassen, um der Zwangssowjetisierung in der Heimat zu entgehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Margwelaschwili eineinhalb Jahre im ehemaligen KZ Sachsenhausen interniert - und dann ohne jegliche russische und georgische Sprachkenntnisse zu einer Tante nach Tiflis geschickt. Am Fremdspracheninstitut der georgischen Hauptstadt Tiflis lehrte er zunächst Deutsch und wandte sich in den sechziger Jahren der literarischen Aufarbeitung seiner Vergangenheit zu.

Er hielt sich immer wieder in der DDR auf. Ein Besuch beim regimekritischen Poeten und Liedermacher Wolf Biermann führte zu einem Ausreiseverbot aus der Sowjetunion, das erst 1987 aufgehoben wurde. Margwelaschwili ließ sich danach wieder in Deutschland nieder, erst 1994 wurde er eingebürgert.

Bis in die neunziger Jahre blieb Margwelaschwilis umfangreiches deutschsprachiges literarisches Werk, abgesehen von zwei kurzen Erzählungen 1989 in der Zeitschrift Lettre, ungedruckt. 1991 erschienen dann neben "Muzal. Ein georgischer Roman" im Herbst auch der erste Teil seiner Autobiographie "Kapitän Wakusch. Autobiographischer Roman. Erstes Buch: In Deuxiland". 1992 folgte der zweite Teil des autobiographischen Romans mit dem Titel "Sachsenhäuschen". Margwelaschwili veröffentlichte auch politisch-theoretische Texte.

Der in Berlin lebende Schriftsteller ist PEN-Mitglied und Ehrendoktor der Universität Tiflis. Für sein Engagement im internationalen Kulturaustausch wurde er vor zwei Jahren mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet.

Foto: Goethe-Institut

Ghvinianidze; TSV 1860

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Mate Ghvinianidze avancierte im vergangenen Jahr zum Shootingstar des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München. Mittlerweile geht den Fans sein Name unfallfrei über die Lippen. Am Anfang hatten sie ihre liebe Not mit dem Zungenbrecher. Auch sein Trainer sprach lange nur von Mate, den Nachnamen schenkte er sich.

Geboren wurde Mate Ghvinianidze 1986 in der georgischen Hauptstadt Tiflis, mit sechs Jahren kam er bereits zum Fußball. Dass Ghvinianidze in München landete, verdankt er unter anderem der Familie: Seine ältere Schwester lebt bereits seit einigen Jahren in der bayerischen Landeshauptstadt.

Vor zwei Jahren kickte Ghvinianidze dann zum ersten Mal im georgischen Nationalteam in einem Länderspiel gegen die deutsche Mannschaft. Auch der georgische Nationaltrainer hält große Stücke auf Ghvinianidze und die Verantwortlichen vom TSV 1860 haben ihn mittlerweile mit einem Drei-Jahres-Vertrag ausgestattet.

Foto: TSV 1860 München

Dogonadze, AP

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Dass Deutschland (noch zumindest) Olympiasieger im Trampolinturnen ist, das ist Anna Dogonadze zu verdanken. Bei den Olympischen Spielen in Athen vor vier Jahren holte sie in der Kunstflugshow Gold für Deutschland.

Die 1973 im georgischen Mzcheta geborene Turnerin kam mit 22 Jahren nach Deutschland - und lebt heute im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach, wo sie auch als Sportlehrerin arbeitet. Bei den Europameisterschaften im Trampolinturnen im französischen Metz holte sie 2006 den zweiten Platz, bei der Weltmeisterschaft im kanadischen Québec vergangenes Jahr immerhin den fünften, was zugleich einen deutschen Startplatz bei den Olympischen Spielen in Peking bedeutete. Sogleich entschied Bundestrainer Michael Kuhn: Dogonadze behält ihn auf jeden Fall selbst, mangels nationaler Konkurrenz.

Nach zwei Bandscheibenvorfällen hat Anna Dogonadze im Frühjahr ein zusätzliches Kraft- und Ausdauertraining begonnen: 450 Stufen mit 80 Metern Höhenunterschied standen auf dem Programm. Den Wettkämpfen in Peking sieht die Trampolinturnerin optimistisch entgegen, ohne sich jedoch selbst unter Druck zu setzen. "Ich fühle mich sehr fit und hoffe, dass mein Rücken hält, damit ich in Peking meine normale Leistung bringen kann. Ich möchte ins Finale und dort eine gute Kür turnen. Ob das reicht für eine Medaille, das sehen wir dann", hat sie kurz nach ihrer Ankunft in Peking gesagt.

Anna Dogonadze fühlt sich, wie sie selbst sagt, in Deutschland längst etabliert, integriert und respektiert - und dieses gute Gefühl verbindet die 35-Jährige mit ihren sportlichen Erfolgen, von denen der Olympiasieg der herausragendste war. Damit es anderen Zuwanderern ähnlich ergeht, engagiert sich die 35-Jährige seit etwa einem Jahr ehrenamtlich als Integrationsbotschafterin des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Dabei geht es, vor allem in Städten mit hohem Ausländeranteil, um den Auf- und Ausbau von Projekten, die den Sport mit Sprachkursen und Kulturarbeit verbinden.

Foto: AP

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