Parteitag der US-Republikaner:Kandidat Romney wird weichgezeichnet

"Ihr könnt Mitt vertrauen." Ann Romney verzaubert die Delegierten auf dem Republikaner-Parteitag mit Geschichten über ihren Mann, der sie auch nach 43 Jahren Ehe noch zum Lachen bringt. Ihre Angriffe auf Obama sind wohldosiert und wirksam. Als Mitt Romney am Ende der Rede die Bühne betritt, zeigt das Paar, dass es aus den Fehlern anderer lernt.

Matthias Kolb, Tampa

Ann Romney

Ann Romney wirbtauf dem Parteitag der Republikaner in Tampa für ihren Mann - und erzählt dabei viel aus ihrem gemeinsamen Leben.

(Foto: AP)

Als Ann Romney ihre Rede beendet, hält es die Delegierten nicht mehr auf den Sitzen. Die Republikaner bejubeln die fünffache Mutter, während aus den Boxen die Schnulze "My Girl" dröhnt und schließlich Mitt Romney die Bühne betritt. Der Präsidentschaftskandidat umarmt seine Frau, gibt ihr einen Kuss auf die Wange und noch einen auf den Mund. Als sie in die Menge winken, wissen beide: Ann Romney hat den Amerikanern demonstriert, dass sie eine ausgezeichnete First Lady abgeben würde. Vor allem aber hat sie die Aufgabe, ihren Mann weichzuzeichnen, erfüllt und den Amerikanern mit großer Überzeugungskraft versichert: "Ihr könnt Mitt vertrauen."

Bevor die 62-Jährige, gekleidet in Republikaner-Rot, mehr über jenen Mann erzählt, in den sie sich 1965 verliebte und der im Januar ins Weiße Haus einziehen will, fordert sie die Besucher in der Halle auf, dafür zu beten, dass möglichst wenige Menschen in Louisiana unter den Folgen des Hurrikans Isaac zu leiden hätten.

Sie wolle nicht über Politik reden und auch nicht darüber, was die Amerikaner trenne: "Ich möchte darüber sprechen, was unsere amerikanische Familie zusammen hält. Ich möchte über die Liebe sprechen."

Kollektives Seufzen

Dies ist eine willkommene - weil wohltuende - Abwechslung an einem Tag, der zuvor von parteiinternem Streit (Details hier) und heftigen Attacken auf US-Präsident Obama und die Demokraten geprägt war. Ann Romney singt ein Loblied auf die Leistungen der Frauen, die das Land am Laufen hielten. Es seien alleinerziehende Mütter, die sich für ihre Kinder aufopferten und Töchter, die sich um alternde Eltern kümmerten.

Es sind Sätze, denen selbst im aufgeheizten Klima der US-Politik niemand widersprechen kann. "Ich liebe euch, Frauen. Wir verneigen uns vor euch", ruft sie im typischen amerikanischen Pathos der Menge zu, in der viele Schilder mit der Aufschrift "We love you Ann" schwenken.

Wenn ganz Amerika nachts für einen Moment still wäre, würde man ein kollektives Seufzen hören, sagt Romney. Der Seufzer käme von jenen Vätern und Müttern, die froh seien, wieder einen Tag überstanden zu haben und wegen Amerikas kriselnder Wirtschaft in Sorge seien.

Dann platziert sie den ersten von wenigen, aber umso wirkungsvolleren Seitenhieben auf Obama: "Das Leben von Frauen ist niemals leicht, doch in den letzten vier Jahren war ihr Alltag unnötig hart." Natürlich, so Romney, wüssten die Frauen, dass es keine einfachen Lösungen gebe, doch sie seien nicht so dumm zu glauben, dass es keine besseren Antworten auf die aktuellen Probleme gebe als jene der Demokraten.

Mit den Worten "Hier kommt der Mann ins Spiel, den ich bei einem Tanzball in der Highschool kennen gelernt habe" beginnt sie den mit Spannung erwarteten Teil ihrer Rede. Sie beschreibt ihren oft steif wirkenden Mann als menschliches Wesen mit Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen. Passend dazu zeigen die 13 Video-Bildschirme auf der Bühne Fotos der bildhübsche Ann mit ihren kleinen Söhnen sowie Bilder des jungen Paares.

Schüchtern und zugleich lustig

Sie habe sich vor 47 Jahren in den hochgewachsenen Mitt verliebt, weil dieser so schüchtern gewesen sei und sie zum Lachen gebracht habe. Auf ungekünstelte Art erzählt Ann, wie beide trotz der Bedenken ihrer Eltern 1969 geheiratet und sich in der Studentenbude vor allem von Thunfisch-Pasta ernährt hätten. Gemeinsam hätten sie es geschafft, parallel zu Mitts Studium Kinder großzuziehen und seine Karriere voranzutreiben. Die Botschaft ist klar: Uns ist der Erfolg und der Reichtum nicht zugefallen, wir haben ihn uns erarbeitet - wir stehen für den American Dream.

Oft habe sie gelesen, dass ihre Ehe mit Mitt einem Bilderbuch gleiche. Dieser Eindruck sei grundfalsch: "Ich kenne kein Bilderbuch, in dem fünf Bengel in einem Haus gleichzeitig brüllen oder in dem es Kapitel gibt, die mit 'Multiple Sklerose' und 'Brustkrebs' überschrieben sind." Die Details ihrer Erkrankungen und die große Unterstützung ihres Manns führt Ann Romney gar nicht weiter aus - wohl wissend, dass sie zuvor in mehreren TV-Interviews davon erzählt hatte (mehr im US-Wahlblog hier). Ein Satz dürfte jene verwundern, die nur Romneys roboterhafte Wahlkampfauftritte kennen: "Er bringt mich auch heute noch zum Lachen."

Ihren Gatten, den das Obama-Lager als eiskalten Multimillionär mit dubiosen Konten im Ausland porträtiert, beschreibt sie als jemandem, der Familie, Glaube und Nächstenliebe über alles andere stelle. Ihr Mitt sei zu bescheiden, um damit anzugeben, wie oft er Nachbarn oder Mitglieder seiner Mormonen-Gemeinde geholfen habe: "Er sieht es als Privileg an, andere zu unterstützen und tut dies nicht aus politischem Kalkül." Millionen Amerikaner handelten ebenso - sie treibe auch nicht das Kalkül an, ihr Image aufzupolieren.

Da war sie wieder, die Botschaft: "Wir sind nicht anders als ihr." Zugleich verteidigt sie ihren Mann gegen die Angriffe des politischen Gegners, die sich auf den Reichtum Romneys beziehen: "Wenn die letzten vier Jahre in Amerika erfolgreich gewesen wären, würden sie doch seinen Erfolg nicht attackieren."

"Dieser Mann wird nicht scheitern"

Zum Ende ihres Auftritts gibt sie sich bescheiden und bittet die Wähler trotzdem um Vertrauen. Natürlich wisse sie nicht, wie die nächsten vier Jahre verlaufen würden, doch eines könne sie als Ehefrau, Mutter von fünf Söhnen und Großmutter von 18 Enkeln auch jenen Amerikanern versichern, die nicht in allen politischen Positionen mit ihrem Gatten übereinstimmen: "Dieser Mann wird nicht scheitern und uns nicht im Stich lassen. Er wird härter arbeiten als jeder andere, um Amerika zu einem besseren Ort zu machen."

Die Delegierten in Tampa sind von Ann Romney und ihrer Rede begeistert. Ob der Auftritt jedoch auch die Millionen Fernsehzuschauer überzeugt hat, den Kandidaten der Republikaner nun etwas mehr zu mögen (nur 27 Prozent der Wähler finden Romney laut Washington Post sympathischer als Obama), wird sich wohl erst anhand von Umfragen nach dem Parteitag abschätzen lassen. Viel dürfte davon abhängen, ob der Kandidat bei seiner Rede am Donnerstag einige der von Ann beschriebenen Eigenschaften erkennen lassen wird.

In einem Punkt hat es Mitt Romney auf jeden Fall schon deutlich besser gemacht als etwa der frühere Präsidentschaftskandidat der Demokraten Al Gore. Er stahl seiner Frau bei seinem kurzen Ausflug auf die Bühne nicht die Show. Im Gegensatz zu Gore verzichtete er auf allzu leidenschaftliche Sympathiebekundungen: Der Demokrat hatte vor zwölf Jahren seiner Ehefrau Tipper nach deren Parteitagsrede mit einem ungeschickt leidenschaftlichen / ungewollt heftigen Kuss gedankt, um etwas gegen sein Langweiler-Image zu tun. Vom Spott der Medien hatte sich Bill Clintons Vizepräsident nur schwer erholt. Diesen Fehler haben die Romneys vermieden.

Linktipp: Das National Journal hat die Rede von Ann Romney sowie die Abschlussrede von New Jerseys Gouverneur Chris Christie prägnant bilanziert.

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