Parteitag der Demokraten:Obama braucht Hillary Clinton für sein Erbe

Seine Parteitagsrede kann nicht kaschieren, dass der US-Präsident viele Versprechen nicht halten konnte. Doch die Wahl Donald Trumps würde auch das gefährden, was Obama erreicht hat.

Kommentar von Nicolas Richter, Philadelphia

Barack Obama ist Präsident, weil er Hoffnung und Versöhnung versprochen hat, weil er das "Wir" betonte, nicht das "Ich". Er weiß, dass er seine Ziele nicht erreicht hat. Viele Amerikaner sind enttäuschter denn je, und das politische Klima ist so toxisch wie nie. Obamas Versprechen waren so groß, dass selbst er sie nicht erfüllen konnte.

Aber ihm droht jetzt eine noch größere Schmach: Sollte der Republikaner Donald Trump die Präsidentschaftswahl gewinnen, würde er nicht nur das Programm Obamas zerschlagen, er würde auch genau das verkörpern, was Obama überwinden wollte: Polarisierung, Bösartigkeit und Hass. Wo Obama "Wir" sagt, da brüllt Trump "ICH". In Trump würden die Amerikaner das Gegenteil von Obama wählen, sogar die Karikatur des Gegenteils.

Jetzt hat Obama mit seiner Rede beim Parteitag in Philadelphia daran erinnert, warum er zwei Mal ins Weiße Haus gewählt wurde. Er hat bewiesen, dass er noch immer ein ungewöhnlich optimistischer, mitfühlender, inspirierender Redner ist. Er hat gezeigt, warum seine Parteifreundin Hillary Clinton ihn dringend brauchen wird auf dem Weg ins Weiße Haus: Er ist noch immer der bessere Wahlkämpfer.

Vor allem aber hat seine Rede beweisen, wie sehr er Hillary Clinton braucht. Er ist angewiesen auf seine einstige Rivalin, um seine fortschrittliche Agenda und sein politisches Erbe zu retten. Und um jene zu widerlegen, die immer noch mehr Spaltung herbeisehnen.

Im Herbst stehen zwei Amerikas zur Wahl: Das Amerika des Mitgefühls und das Amerika des Wutgebrülls. Diese Entscheidung ist so folgenschwer, dass die einstigen Zerwürfnisse zwischen Obama und Clinton nur noch wie eine ferne Erinnerung anmuten. Von jetzt an eint sie nur noch ein Ziel: Trump zu verhindern.

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