Parteienfinanzierung:Alles schon mal da gewesen

In der Sponsoring-Affäre geht die CDU in Nordrhein-Westfalen jetzt auf die SPD los und wirft ihr Heuchelei vor.

Von Bernd Dörries, Düsseldorf

Im Jahr 2010 sorgte sich Michael Groschek um den Fortbestand der Demokratie und des Landes Nordrhein-Westfalen überhaupt. Groschek war damals Generalsekretär der Landes-SPD und die in der Opposition. "Der Ministerpräsident und seine CDU machen sich den Staat zur Beute", sagte Groschek damals über Jürgen Rüttgers, als herausgekommen war, dass die CDU Sponsoren des Parteitages angeboten hatte, gegen ein Entgelt den Ministerpräsidenten zu Einzelgesprächen zu treffen. Es war die sogenannte Rent-a-Rüttgers-Affäre, die einen großen Anteil hatte an der Wahlniederlage im Mai 2010. Die SPD stimmte im Wahlkampf einen Chor der moralischen Entrüstung an, die Sozialdemokraten überboten sich gegenseitig fast täglich im Geißeln der CDU-Affäre. Der heutige SPD-Fraktionschef Norbert Römer sagte damals: "Dieser Fehltritt der CDU ist einzigartig. Sie können ihn nicht vergessen machen. Das Ganze ist eine Schande für unser Land."

Am heutigen Donnerstag will die CDU die gekauften Gespräche zum Thema im Landtag machen

Sechs Jahre später ist der Fehltritt der CDU gar nicht mehr so einzigartig. Das ZDF-Politmagazin " Frontal 21 " deckte in der vergangenen Woche auf, dass der SPD-eigene Vorwärts-Verlag die Sponsoring-Idee der CDU wenig später selbst ins Programm nahm. Auch Michael Groschek, der damals am lautesten auf die CDU eindrosch, ließ sich im November 2015 gegen Bezahlung durch Sponsoren für eine Diskussionsrunde über Probleme der Infrastruktur buchen. Davon sei ihm nichts bekannt gewesen. Als Rüttgers sich damals ebenfalls ahnungslos gab, tönte es aus der SPD: "Eines werden wir nicht zulassen: Wir lassen der CDU nicht durchgehen, dass sie jetzt versucht, ihre Finanzierungspraxis als allgemein üblich darzustellen."

Die CDU revanchiert sich nun und will die gekauften Gespräche zu einem großen Thema im Wahlkampf machen. Am Donnerstag gibt es eine aktuelle Fragestunde im Landtag. Die CDU sieht noch Ungereimtheiten. "Bei etwa 20 Gesprächen ist noch unklar, welche SPD-Politiker daran teilgenommen haben", sagt CDU-Generalsekretär Bodo Löttgen. Außerdem stelle sich die Frage, ob die SPD das Geld zurückzahle.

"Dieser Vorwurf beschädigt die Demokratie insgesamt. Es reicht ja allein schon der Eindruck, dass Politik in Nordrhein-Westfalen käuflich ist", sagte die heutige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft damals. Heute sagt sie nichts mehr, obwohl neben Groschek mindestens ein weiteres Mitglied der Landesregierung an gesponserten Gesprächen teilnahm. Wirtschaftsminister Garrelt Duin traf sich zwei Mal zu von Geldgebern finanzierten Treffen.

"Wir haben damals unsere Konsequenzen gezogen", sagt CDU-Mann Löttgen. Der damalige Generalsekretär Hendrik Wüst trat von seinem Amt zurück und übernahm die Verantwortung für die Einladung an Sponsoren. Obwohl sich Rüttgers letztlich nie mit einem Sponsor zu dem beworbenen Einzelgespräch getroffen hatte. Der heutige Fraktionschef Römer sagte damals im Landtag über die CDU-Affäre: "Es ist gut, dass wir die notwendige Debatte darüber führen, wie wir das Sponsoring von Parteien in Zukunft regeln wollen." In Nordrhein-Westfalen wird sie nun wieder geführt.

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