Parlamentswahlen in Syrien:Opposition kritisiert die Wahlen als Farce

Während regimetreue Syrer ihre Stimme für ein neues Parlament abgeben, sterben bei Kämpfen in mehreren Regionen weiterhin Menschen. Die Regierung um Assad feiert den Urnengang als "außergewöhnlichen Tag", die Opposition nennt die Wahlen "absurd" - und ruft zum Boykott auf.

Syrien wählt sein Parlament neu - zumindest nach offizieller Sicht. Insgesamt sind fast 15 Millionen Menschen zur Wahl aufgerufen, die Anhänger der Opposition boykottieren die Wahl jedoch. Aber auch an diesem Tag hält die Gewalt an: Nach Angaben von Aktivisten töteten die Regierungstruppen in den Provinzen Hassaka, Deir as-Saur, Homs und Damaskus-Land bis zum Mittag 15 Menschen, darunter ein Kind und fünf Deserteure. Aus Daraa, Hama, Latakia und Damaskus-Land wurden Explosionen gemeldet.

Syrian parliamentary election begin amid heavy security

In Syrien wird gewählt: Während regimetreue Syrer ihre Stimmen abgeben, protestiert die Opposition und spricht von einer Farce.

(Foto: dpa)

Als Teil eines von Russland hochgelobten Reformpaketes hatte Präsident Baschar al-Assad ein Parteiengesetz beschließen lassen, das die Zulassung neuer Parteien erlaubt. Die bislang in der Verfassung verankerte Vormachtstellung der Baath-Partei wurde abgeschafft. Mit dieser Partei war einst sein Vater, Präsident Hafis al-Assad, an die Macht gekommen. Zudem wurde die Amtszeit des Präsidenten auf zweimal sieben Jahre begrenzt. Nach offiziellen Angaben bewerben sich 7195 Kandidaten für die 250 Abgeordnetenmandate. Die Wahllokale sollen bis 22.00 Uhr Ortszeit geöffnet bleiben. Das Wahlergebnis wird frühestens am Dienstagabend erwartet.

Die Opposition lehnt die Wahlen und die jüngsten Reformen von Assad als Farce ab. Damit wolle er lediglich seine autokratische Herrschaft sichern, hieß es aus Kreisen der Regierungsgegner. "Derjenige, der Syrien in Blut badet, zwei Millionen Syrer zur Flucht gezwungen hat und auf das syrische Volk schießen lässt, hat kein Recht, die Verfassung zu ändern, ein Wahlgesetz zu erlassen oder Wahlen anzusetzen", erklärte der oppositionelle Syrische Nationalrat. Der Präsident müsse gestürzt werden, die Abstimmung sei "absurd".

Informationsministerium spricht von "außergewöhnlichem Tag"

Das syrische Staatsfernsehen zeigte Bilder von wartenden Menschen vor Wahllokalen. Insgesamt ist der Andrang vor den Wahllokalen nach Angaben von Beobachtern jedoch gering. In einigen Gebieten in Daraa und in kurdischen Siedlungsgebieten folgten Angehörige der Protestbewegung einem Aufruf zu einem Generalstreik, um die Wahl zu boykottieren. In manchen Bezirken der Hauptstadt Damaskus kamen jedoch ungefähr so viele Wähler zu den Urnen wie bei früheren Wahlen. Das Innenministerium stellte eine "beachtliche Wahlbeteiligung" fest. Das Informationsministerium sprach schon am Mittag von einem "außergewöhnlichen Tag".

Die Parlamentswahl hätte laut Verfassung bereits im vergangenen Jahr stattfinden sollen. Sie war wegen des bis heute andauernden Aufstandes gegen das Assad-Regime jedoch verschoben worden.

Die meisten bekannten syrischen Oppositionspolitiker sitzen heute entweder im Gefängnis oder sind im Exil. Seit Beginn der Protestwelle gegen Assad im März vergangenen Jahres sollen etwa 10.000 Menschen getötet worden sein. Auch die Entsendung von UN-Beobachtern hat die Gewalt bisher nicht beendet.

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