Die Parlamentswahl in Italien hat mit mäßiger Beteiligung der Wähler begonnen. Bis zum Sonntagmittag gaben nur 14,6 Prozent der gut 50 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimmen für das Abgeordnetenhaus ab, wie das Innenministerium in Rom mitteilte.
In einer Zeit anhaltender tiefer Rezession und drohender Instabilität bestimmen die Italiener beide Kammern ihres Parlaments neu. Die Finanzmärkte befürchten so wie europäische Politiker eine Hängepartie ohne klare Mehrheit - oder gar eine Rückkehr des umstrittenen Ex-Regierungschefs Silvio Berlusconi.
Die Wahllokale sind seit dem Morgen für den zweitägigen Urnengang geöffnet. Schnee und Regen behinderten mancherorts im Norden einen reibungslosen Ablauf. Mit aussagekräftigen Hochrechnungen wird für den frühen Montagabend gerechnet.
Starken Auftrieb hatte in der Schlussphase des Wahlkampfs die populistische Protestbewegung "Fünf Sterne" von Komiker Beppe Grillo. Sie könnte ein erheblicher Störfaktor bei der Regierungsbildung werden. Als Favorit gilt das Mitte-Links-Bündnis mit dem Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani.
Grillo und das Mitte-Rechts-Lager Berlusconis schienen sich vor dem Urnengang ein Rennen um den zweiten Rang zu liefern. Das Bündnis der Mitte des Ex-EU-Kommissars und früheren Regierungschefs Mario Monti droht dagegen abgeschlagen zur viertstärksten Kraft zu werden. Sollte ein Bündnis notwendig sein, könnte eine stabile Koalition damit schwierig werden.
Bersani gab seine Stimme in Piacenza ab und war vor den dort versammelten Medienvertretern zu Scherzen aufgelegt. Der scheidende Regierungschef Monti wählte am Morgen in Mailand, äußerte sich vor den Journalisten aber nicht. Auch Berlusconi wählte in Mailand. Dort begrüßten ihn drei Frauen der feministischen Bewegung Femen barbusig und mit "Basta Berlusconi"-Rufen. Sie wurden abgeführt. Berlusconi hatte am Samstag noch die Regel gebrochen, wonach die Wahlkämpfer am Tag vor den Wahlen schweigen, und erneut Italiens Justiz attackiert, von der er sich verfolgt fühlt.
Finanzmärkte und europäische Politik setzen auf eine Koalition Bersanis mit Monti, die beide den eingeschlagenen Reformkurs fortsetzen wollen. Gegen eine Koalition mit Monti steht der Linksaußen des Mitte-Links-Bündnisses, Nichi Vendola. Berlusconi und Grillo vertreten hingegen deutlicher eine europakritische Haltung.
Die "Schicksalswahl" hat sowohl für das Krisenland Italien als auch für den gesamten Euro-Raum erhebliche Bedeutung. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone braucht eine stabile Regierung, um die tiefe Rezession hinter sich zu lassen. Die Finanzmärkte und etliche europäische Politiker befürchten angesichts eines möglichen Patts der verschiedenen Bündnisse im Senat eine Lähmung der Regierung.
Wahlen in Italien:Wer in Rom jetzt wichtig wird
Gott sei Dank nicht Berlusconi - so denken vermutlich einige Italiener und viele Beobachter im Ausland. Die Wähler haben entschieden - zu Gunsten des Mitte-links-Lagers. Welche Politiker spielen künftig eine wichtige Rolle in Italien? Wer zählt zu den Verlierern? Ein Überblick.
Der parteilose Regierungschef und frühere EU-Kommissar MMonti war im Dezember zurückgetreten. Staatschef Giorgio Napolitano hatte daraufhin das Parlament aufgelöst, die Parlamentswahl wurde leicht vorgezogen. Sie findet damit, für Italien unüblich, im Winter statt.