Parlamentswahl in Italien:Rechte und Europakritiker triumphieren

Italian Political Candidates Cast Their Vote

Der 81 Jahre alte Berlusconi durfte nach einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht selbst kandidieren.

(Foto: Getty Images)
  • Das Bündnis von Berlusconis Forza Italia und der rechten Lega-Partei liegt laut dem offiziellen Teilergebnis vorne.
  • Stärkste Einzelpartei wird die populistische Fünf-Sterne-Bewegung.
  • Eine Mehrheit im Parlament zu bekommen, wird jedoch für alle Parteien schwer werden.

Europakritische und rechte Parteien sind die großen Gewinner der Parlamentswahl in Italien. Die Fünf-Sterne-Protestpartei und die fremdenfeindliche Lega konnten dem offiziellen Teilergebnis zufolge ordentlich zulegen - auch wenn aller Voraussicht nach keine der Parteien oder Bündnisse auf eine regierungsfähige Mehrheit kommen.

Das rechte Parteienbündnis um den italienischen Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi liegt demnach bei der Parlamentswahl in Führung. Seine konservative Forza Italia, die fremdenfeindliche Lega-Partei und zwei kleinere Rechtsparteien erhielten zusammen etwa 37 Prozent. Der 81 Jahre alte Berlusconi durfte nach einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung allerdings nicht selbst kandidieren. Er hatte dafür einen engen Gefolgsmann, den derzeitigen EU-Parlamentspräsidenten Antonio Tajani, als Premierkandidaten auserkoren.

Die Lega hat Berlusconis Partei mit 17,7 Prozent überholt. Forza Italia kam nur auf 13,9 Punkte. Die Lega, die Partei von Matteo Salvini, hat in der Migrationskrise enormen Zulauf bekommen und ist für ihre europakritische Haltung bekannt.

Stärkste einzelne Partei im neuen Parlament wird demnach die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die ohne Bündnispartner ins Rennen gegangen war. Sie gewann deutlich an Stimmen und liegt bei 32 Prozent, wie das Innenministerium am Vormittag nach Auszählung der meisten Wahlkreise mitteilte. Die regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsident Paolo Gentiloni und Parteichef Matteo Renzi stürzten demnach auf 18 Prozent ab.

Eine Mehrheit im Parlament zu bekommen, wird für alle Parteien schwer

Dem offiziellen Teilergebnis zufolge kommt keine Partei und auch kein Bündnis auf eine Mehrheit der Sitze. Es ist daher vollkommen unklar, wer in Italien künftig das Ruder übernimmt. Die europakritische Fünf-Sterne-Protestbewegung sah sich schon nach den ersten Prognosen als Sieger. "Jetzt müssen alle mit uns reden", sagte Alessandro Di Battista, der in Italien zu den bekanntesten Köpfen der Bewegung gehört, in der Wahlnacht in Rom. Er sprach von einem "Triumph", falls die Prognosen sich bestätigen sollten.

"Mein erstes Wort: GRAZIE!", twitterte Lega-Parteichef Salvini in der Wahlnacht. "Es ist ein historischer Moment für die Lega", sagte Vize-Chef Giancarlo Giorgetti. Doch auch für die Lega ist es alles andere als ausgemacht, dass sie in den Regierungspalast einzieht.

Eine Mehrheit im Parlament zu bekommen, werde für alle Parteien schwer, "wenn nicht unmöglich sein", erklärte Wolfgango Piccoli von der Denkfabrik Teneo. "Eine lange Zeit des Kuhhandels zwischen den Parteien steht bevor." Wie das Innenministerium mitteilte, lag die Wahlbeteiligung bei 71,48 Prozent. 2013 waren es noch 75 Prozent.

Lange Schlangen vor den Wahllokalen

Für eine Regierungsmehrheit im Parlament muss eine Partei oder ein Bündnis auf mindestens 316 von insgesamt 630 Sitzen in der Abgeordnetenkammer kommen und im Senat mindestens 158 von 315 Sitzen gewinnen. Das Land ist wirtschaftlich noch immer angeschlagen und hoch verschuldet. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone.

Vor vielen Lokalen bildeten sich über den Wahltag lange Schlangen, weil bei der Stimmabgabe ein neuer Sicherheitsschritt eingeführt wurde, um Wahlbetrug zu verhindern. So bekamen alle Wahlzettel erstmals eine Seriennummer, die nach der Stimmabgabe noch einmal den Wahlhelfern übergeben werden musste. Am Vormittag wurden erste Pannen gemeldet.

Im sizilianischen Palermo seien falsche Wahlzettel ausgeliefert worden, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Während der Nacht seien eilig 200 000 neue Zettel gedruckt worden, weshalb einige Wahllokale später geöffnet hätten. In Rom kritisierten Wähler, die Abstimmungszettel seien zu kompliziert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: