Parlamentswahl in Griechenland:Wie Bevormundung die Radikalen stark machte

Einer Umfrage zufolge können die Konservativen und die Sozialisten bei der griechischen Parlamentswahl mit einer Mehrheit rechnen. Das Volk scheint nach der gescheiterten Regierungsbildung wieder den gemäßigten Parteien zu vertrauen. Doch das war auch beim letzten Mal so - bis eine Einmischung von außen Tsipras und die Linksradikalen nach vorn katapultierte.

Christiane Schlötzer

Vor der Parlamentswahl Nummer eins in Griechenland gab es Umfragen, die den alten Regierungsparteien, der konservativen Nea Dimokratia und der sozialistischen Pasok, eine klare Regierungsmehrheit prophezeiten. Es kam anders.

Communist Party of Greece (KKE) rally in central Athens

Seit den letzten Parlamentswahlen ein politisches Schwergewicht in Griechenland: der Vorsitzende des Linksbündnisses Syriza, Alexis Tsipras.

(Foto: dpa)

Nun gibt es wieder eine Umfrage, veröffentlicht vom TV-Sender Alpha. Sie sagt den beiden Parteien, auf die sich zuletzt die geballte Wut der Griechen konzentrierte, bei der Parlamentswahl Nummer zwei wieder eine passable Mehrheit voraus. Doch wer mag solchen Temperaturmessungen noch glauben? Der Wind hat sich so oft gedreht - und die Sturmböen brauten sich auch weitab von der Ägäis zusammen.

Als Wolfgang Schäuble zwei Tage vor der Parlamentswahl am 6. Mai auf einer Veranstaltung in Köln den Griechen empfahl, sie sollten keine "radikalen Parteien" wählen, sondern Politiker, die zu den Vereinbarungen mit der EU stünden, weil sie andernfalls "die Folgen zu tragen" hätten, löste der deutsche Finanzminister damit einen Orkan der Entrüstung in den griechischen Medien aus. Kein griechischer Politiker durfte antworten, denn am Samstag vor einer Wahl darf sich keine Partei mehr öffentlich äußern.

Nicht wenige Kommentatoren aber waren sich später einig: Mit seinem Ratschlag aus der Ferne wurde Schäuble zu einem der wichtigsten Wahlhelfer von Alexis Tsipras, dem Chef der Radikalen- Linkskoalition Syriza, die entgegen allen Umfragen mit Platz zwei ihren bislang größten Triumph feiern konnte. Tsipras dürfte sich daher auch jetzt freuen, wenn europäische Politiker den Griechen nahelegen, mit dem erneuten Wahlgang gleich ein Referendum über den Verbleib in der Euro-Zone zu verbinden.

Die Idee gab es ja schon einmal: Ex-Premier Giorgos Papandreou wollte im November sein Volk über die rigiden Sparpakete abstimmen lassen - EU-Regierungschefs haben ihm das ausgeredet, weil sie fürchteten, eine Mehrheit könnte mit Nein stimmen. Papandreou gab daraufhin entnervt sein Amt auf.

Wahlkampf statt Allparteien-Regierung

Referenden können in Griechenland nach der Verfassung nur über wichtige nationale Fragen abgehalten werden. Um eine solche handelt sich im Fall der Mitgliedschaft in der Euro-Zone - und womöglich auch der EU - gewiss. Zudem muss die Regierung das Referendum initiieren, und das Parlament muss mit absoluter Mehrheit für die Volksabstimmung votieren. Nun trat auch das gerade erst gewählte Parlament am Freitag in Athen zwar zusammen, aber nur für wenige Stunden. Denn damit am 17. Juni erneut gewählt werden kann, wird es am Samstag wieder aufgelöst.

Den Wahltermin hat Präsident Papoulias jetzt in einem Dekret festgelegt. Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte am Freitag mit Papoulias. Der Pasok-Politiker, politisch zur Neutralität verpflichtet, hatte sich in den vergangenen Tagen heftig über den "Egoismus" der griechischen Parteien erregt, die lieber wieder in den Wahlkampf ziehen als eine Allparteien-Regierung zu bilden.

Ein Regierungssprecher in Berlin sagte nach dem Telefonat, Merkel setze darauf, dass Griechenland nach den Wahlen bald wieder eine "handlungsfähige Regierung" habe. Das klang vorsichtig, fast so, als ob in Berlin die Botschaft angekommen sei: bloß kein neues "deutsches Diktat".

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