Parlament:Per Petition in den Bundestag

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Vera Lengsfeld, 66, war als Bürgerrechtlerin in der DDR aktiv, gehörte der Volkskammer und bis 2005 dem Bundestag an, zunächst für Bündnis 90/Die Grünen, später für die CDU. (Foto: Paul Zinken/dpa)

Die Verfasser der "Erklärung 2018" um die Ex-DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld wollen eine öffentliche Anhörung zur Flüchtlingspolitik erreichen. So weit sind sie aber noch lange nicht.

Von Ulrike Schuster, Berlin

Ex-DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld sitzt in der Mitte, links neben ihr der Publizist Henryk M. Broder und Autor des islamfeindlichen, rechtskonservativen Blogs "Die Achse des Guten", rechts neben ihr Michael Klonovsky, früher Berater von Frauke Petry, heute persönlicher Referent von AfD-Fraktionschef Alexander Gauland. Sie präsentieren sich am Donnerstag in Berlin als Vertreter einer selbsternannten "intellektuellen Opposition" und sprechen von "165 290 Unterstützern" und einem "Etappensieg". Die drei Initiatoren der "Erklärung 2018", die sich gegen die liberale Flüchtlingspolitik von Angela Merkel wendet, wollen mittels einer Petition eine baldige öffentlichen Anhörung im Bundestag erreichen.

Die im März verfasste "Erklärung 2018" besteht aus zwei Sätzen: "Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschland durch die illegale Masseneinwanderung beschädigt wird. Wir solidarisieren uns mit denjenigen, die friedlich dafür demonstrieren, dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt wird." Auf die Frage, ob damit auch Solidarität mit Pegida gemeint sei, weicht Broder aus. Demokratie brauche Vielfalt und Arbeitsteilung, "die APO hat eine lange und gute Tradition", so Broder. Was die AfD vertrete, dächten mehr als deren 92 Abgeordnete im Bundestag, sagt Klonovsky.

Am Mittwochnachmittag habe Marian Wendt, der Vorsitzende des Petitionsausschusses, die Erklärung "in sehr freundlicher Atmosphäre" persönlich entgegengenommen, sagt Vera Lengsfeld. Sie habe das Wort von Wendt, schreibt sie auf ihrem Blog, "dass wir diese Anhörung bekommen" - im Bundestag also. Der CDU-Abgeordnete Wendt hingegen sagt, er habe die "Erklärung 2018" nur "symbolisch" auf Bitten Lengsfelds entgegengenommen. Die formelle Einreichung der Petition, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss, stehe noch aus. Erhält die Petition dann innerhalb von vier Wochen 50 000 Unterschriften, ist eine öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss möglich. Die bisher durch Klicks auf der Webseite gesammelten 165 000 Unterstützer spielten dafür keine Rolle.

Als ihr Ziel geben die Initiatoren den "Stopp der illegalen Einwanderung" an und die Wiederherstellung des "Grundgesetzes, das nicht mehr gilt". Lengsfeld und ihre Mitstreiter werfen der Kanzlerin vor, sie habe die Flüchtlinge unrechtmäßig ins Land gelassen. Diese These stößt freilich auf Widerspruch. Daniel Thym, Professor für Völkerrecht an der Universität Konstanz, hält nichts von den Argumentation der "Erklärung 2018": "Es geht ihr nicht um den politischen Streit mit Sachargumenten, sie will das System diskreditieren", schreibt der Flüchtlingsrechts-Experte: "Das Klein-Klein der Asylgesetzgebung wird ersetzt durch einen behaupteten Rechtsbruch, der so nicht vorliegt."

Zu den Erstunterzeichnern der Erklärern gehörten neben anderen der Schriftsteller Uwe Tellkamp sowie die Autoren Thilo Sarrazin und Matthias Matussek. Im Sommer soll aus der Initiative ein "Verein für Rechtsstaatlichkeit und sozialen Frieden" werden, kündigt der AfD-Mann Klonovsky an.

© SZ vom 18.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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