Papstbesuch in Südamerika:Franziskus der Barmherzige

Themenpaket: Südamerikareise vom Papst

Papst Franziskus ist auf Südamerika-Reise.

(Foto: dpa)
  • Papst Franziskus ist auf Südamerika-Reise. Er besucht die ärmsten Länder des Kontinents: Ecuador, Bolivien und Paraquay.
  • Der Pontifex will besonders auf Ausgegrenzte zugehen. Er trifft Homosexuelle und Koka-Bauern.
  • In Ecuador soll der Schutz indigener Völker im Mittelpunkt des päpstlichen Interesses stehen.

Papst Franziskus ist am Sonntagabend in Ecuador eingetroffen, der ersten Station seiner einwöchigen Südamerika-Reise. Es ist der zweite Besuch des Argentiniers auf seinem Heimatkontinent, seitdem er im Amt ist. Er beginnt die Tour in der Hauptstadt Quito; Bolivien und Paraguay sind die weiteren Stationen - drei der ärmsten Länder Südamerikas, in denen sich die Probleme des Kontinents verdichten.

In Bolivien liegt das jährliche Brutto-Inlandsprodukt unter 2500 Euro pro Kopf, in Ecuador und Paraguay trotz besserer Rohstoffexporte unter 5000 Euro. Alle drei Staaten haben Erfahrungen mit Krieg, Putsch und Militärdiktaturen, geschlossenen Eliten, politischer Instabilität, aber auch mit ethnischer Zerrissenheit.

Der Papst will sich mit Verfechtern für Homosexuellen-Rechte treffen

Franziskus wolle dort zu einer "Erneuerung des sozialen und politischen Lebens" ermutigen, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi zur Motivation des Papstes. Gemeinsam haben die Länder auch, dass sie geopolitisch am Rand liegen. Das entspricht der Linie des Papstes, der bisher vor allem in Staaten gereist ist, die international weniger Aufmerksamkeit erfahren. Der Sekretär der päpstlichen Lateinamerika-Kommission, Guzmán Carriquiry, sagte auf Radio Vatikan, Franziskus werde Menschen begegnen, die am Rande der Gesellschaft stehen: "Der Papst widmet den Ärmsten und denjenigen, die am meisten leiden, immer ein besonderes Treffen."

Offenbar will Franziskus Zeichen in viele Richtungen setzen. So gibt es Hinweise darauf, dass er auch Verfechter für Homosexuellen-Rechte treffen wird. Vatikansprecher Lombardi sagte dazu: "Ich habe davon gehört, dass eine Delegation von Homosexuellen bei einem Treffen dabei sein wird. Das ist Sache der Gastgeber."

Fünf Großmessen und drei Präsidenten, die sich viel erhoffen

Der Pontifex hat ein umfangreiches Programm vor sich - an sieben Tagen wird er fünf große Gottesdienste halten, zu denen mehr als eine Million Menschen erwartet werden, außerdem sucht er Wallfahrtskirchen und Kathedralen auf. Physisch belastend für den 78-Jährigen wird auch der Aufenthalt in Boliviens Hauptstadt La Paz, die 3600 Metern hoch liegt. Der Papst hat nur einen ganzen Lungenflügel und wird sich daher nur wenige Stunden dort aufhalten.

Die linken indigenen Präsidenten von Ecuador und Bolivien, Rafael Correa und Evo Morales, haben zum Papstbesuch zu nationaler Versöhnung aufgerufen. Sie hoffen, dass angesichts des Besuchs aus Rom die notorische Neigung der politischen und gewerkschaftlichen Akteure zu Streiks, Besetzungen und Blockaden wenigstens vorübergehend zur Ruhe kommt.

Ein anderes Interesse hat Horacio Cartes, der 2013 gewählte konservative Staatspräsident Paraguays. Zwar ist er demokratisch gewählt, doch haftet ihm der Makel an, dass sein Vorgänger, der einst populäre linke Armenbischof Fernando Lugo, 2012 vom Parlament in einem Hauruck-Verfahren entmachtet wurde. Ein Händedruck oder gar eine Umarmung vom "Papst der Armen" könnte Cartes' nationales und internationales Ansehen festigen.

In Ecuador könnte der Schutz indigener Völker ein besonderes Thema werden

Die erste Kirche, in der das Oberhaupt der Katholiken öffentlich beten wird, ist in Ecuador das 2009 erbaute Heiligtum der Göttlichen Barmherzigkeit in Guayaquil, ein Ort, der zu seinem "Evangelium der Barmherzigkeit" passt. Der Schutz indigener Völker, für den sich der Papst einsetzt, könnte in Ecuador besonderes Thema werden - dort soll im Nationalpark Yasuní von 2016 an Erdöl gefördert werden, dadurch könnten Indigene vertrieben werden.

In Bolivien will Franziskus auf der Fahrt vom Flughafen nach La Paz einen Stopp an der Stelle machen, an der im März 1980 die mit 21 Schüssen durchlöcherte Leiche des entführten Jesuiten Luis Espinal gefunden wurde. Er war eines der vielen Opfer des Regimes von Luis Garcia Meza (1980-1981).

Im bolivianischen Santa Cruz darf der Papst Koka-Produkte testen

Der wohl ungewöhnlichste Programmpunkt der Reise ist ein Gastauftritt des Papstes beim "Zweiten Welttreffen der Volksbewegungen" im bolivianischen Santa Cruz. Dort wollen am Donnerstag die von Staatspräsident Evo Morales geförderten Koka-Bauern dem Papst Koka-Produkte wie Kekse oder Tee überbringen. Das erste Treffen dieser Art, bei dem Landlosen-Vereinigungen, Bürgerinitiativen, Bauerngewerkschaften und Umweltgruppen mitmachten, fand 2014 in Rom statt auf Einladung des päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden. Prominentester Gastredner war damals Morales - zum Thema "Wie können wir den Kapitalismus beenden?" Morales begleitet den Papst fast überall in Bolivien, wo er auch das berüchtigte Riesengefängnis Palmasola besucht.

In Paraguay, wo der Papst am Samstag eintrifft, geht er unter anderem in das Kinderkrankenhaus "Ninos de Acosta Nu" und trifft Bewohner eines Armenviertels. In Paraguay wird ein Ansturm von Papst-Anhängern aus Argentinien erwartet. Mehr als eine Million seiner Landsleute wollen ins Nachbarland reisen. Seine Heimat will Franziskus erst 2016 besuchen nach der Präsidentenwahl dort.

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