Papst in Ägypten:Im Ton freundlich, in der Sache klar

Die Antwort des Großimams auf die Rede von Franziskus war enttäuschend. Die Reise wurde so auch zu einem Sinnbild eines sehr mühsamen Miteinanders der Religionen.

Von Matthias Drobinski

Der Mann fährt dorthin, wo es wehtut, das hat die 27-Stunden-Tour von Papst Franziskus nach Ägypten gezeigt. Demonstrativ hat er in einem Land, das vor Soldaten und Polizisten starrt, auf alle Sicherheit verzichtet. Er hat im halbleeren Militär-Stadion Gottesdienst gefeiert, über dem die Hubschrauber kreisten; die Gebete und Gesänge erstickten im Lärm. Franziskus hat den bedrängten Christen im Land seine Solidarität gezeigt und Staatspräsident Sisi ermahnt, die Menschenrechte zu achten, hat sich mit dem Großimam Ahmed Mohammed al-Tayyeb getroffen, dem Leiter der Al-Azhar-Universität; nach der Regensburger Rede von Papst Benedikt waren die Beziehungen zwischen der wichtigsten sunnitischen Lehrstätte und dem Vatikan bei null. Es hätte schönere Ziele für eine Papstreise gegeben, doch der triumphale Auftritt ist diesem Pontifex weniger wichtig.

Es hat vor der Reise Bedenken gegeben, Franziskus könnte, um des lieben Friedens willen, allzu deutliche Worte gegenüber den muslimischen Gelehrten und den ägyptischen Machthabern vermeiden. Er hat das zum Glück nicht getan. Seine Grundsatzrede an der Universität war im Ton freundlich, in der Sache aber klar: Das Miteinander der Religionen funktioniert nur in der Achtung des jeweils anderen - und nur in der klaren Absage an Gewalt, Zwang, Vergeltung. Und das Miteinander in der Gesellschaft funktioniert nur, wenn Menschenrechte und Minderheiten geschützt sind, wenn es soziale Gerechtigkeit gibt, wenn ein Land in Bildung und Aufklärung setzt. Das klang nicht schön für die ägyptische Regierung, die genau diesen Bereich vernachlässigt.

Die Reise als Sinnbild eines mühsamen Miteinanders

Enttäuschend war dagegen die Antwortrede des Großimams. Ja, natürlich war und ist auch er irgendwie gegen Gewalt im Namen der Religion, aber seine Ansprache war verteidigend und floskelhaft und erkennbar bemüht, den Gegnern des Dialogs in den eigenen Reihen keinen Anlass zur Kritik zu geben. Der Islam ist eine Religion, die mit sich selber ringt, in der die Fundamentalisten stark sind wie nie. Es ist ein Ringen, das zurzeit die theologische und intellektuelle Kraft auch jener Vertreter begrenzt, die zum Gespräch mit anderen Religionen bereit sind. Die Begegnung in der Al-Azhar-Universität hat auch dies in deprimierender Weise zutage gebracht: Solche Gespräche leiden an einer schwer aufzuhebenden Asymmetrie.

Doch gibt es eine Alternative zu diesem asymmetrischen Dialog? Auch das hat Franziskus gezeigt: Ein Gesprächsabbruch hilft nicht weiter. Man kann diesen Dialog führen, ohne die eigene Klarheit in der Sache zu verlieren und die falschen Kompromisse einzugehen. Man kann ihn aber auch führen, ohne den Gesprächspartner zu brüskieren oder gar islamfeindlich zu werden.

Die gesamte Ägyptenreise war ein Sinnbild dieses mühsamen Miteinanders: Es gibt einfachere Gesprächspartner. Aber daheimzubleiben ist auch keine Lösung - gerade, wenn man den bedrängten Christen im Nahen Osten helfen will.

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