Papst Franziskus:Weltmacht mit geistlicher Soft Power

Pope Francis welcomes Peres, Abbas

Signal für die Zukunft? Israels Präsident Schimon Peres (links) und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas unter den Augen von Papst Franziskus

(Foto: dpa)

Natürlich hat Papst Franziskus' Gebet mit Palästinenserpräsident Abbas und Israels Präsident Peres keines der komplexen Nahost-Probleme gelöst. Doch im Friedensprozess kommt wieder ein wenig Hoffnung auf.

Ein Kommentar von Peter Münch

Sitzen ein Christ, ein Jude und ein Muslim in den Vatikanischen Gärten - und man darf sicher sein, dass dies manch einer für einen Witz oder zumindest für eine ziemlich naive Posse hält: Da lädt Papst Franziskus, der Gute, den israelischen und den palästinensischen Präsidenten zu einem gemeinsamen Gebet nach Rom ein, wo doch in Nahost gerade wieder die Scharfmacher die Oberhand gewinnen.

Eingerahmt von Schimon Peres und Mahmud Abbas, deren Völker sich seit Jahrzehnten die Köpfe einschlagen, erbittet Franziskus von Gott "das Geschenk des Friedens". Und - so viel sei vorweg genommen - ein Wunder hat sich nicht angekündigt an diesem Pfingstsonntag. Aber allem notorischen Zynismus der Politik zum Trotz ist es diesen drei Männern dennoch gelungen, ein ernsthaftes und bislang einmaliges Zeichen für Versöhnung zu setzen.

Um die Bedeutung dieses Treffens besser einordnen zu können, lohnt sich ein Blick auf die Motive der Protagonisten. Franziskus führt den Vatikan als Weltmacht mit geistlicher "soft power". Ob es um Flüchtlinge auf Lampedusa geht, den Bürgerkrieg in Syrien oder den ewigen Nahost-Konflikt: Dieser Papst mischt sich ein - spontan, unkonventionell und gern auch mit der Kraft der Naivität.

Der Nahostkonflikt ist ein rein nationaler Konflikt

In einer Art Überfallkommando hatte er Peres und Abbas bei seinem Besuch im Heiligen Land zum Gebet geladen. Nun spricht er vom "Beginn eines neuen Weges". Er glaubt fest an die Wirkmächtigkeit der Gesten und Gebete, sonst wäre er ja auch falsch auf seinem Posten. Seine beiden Betbrüder allerdings sind aus anderem Holz geschnitzt. Peres und Abbas sind, auch wenn sie zumindest in ihrer altersmilden Spätphase viel vom Frieden reden, geprägt durch den Konflikt und gestählt vom politischen Ränkespiel. Ihre Religion ist die Realpolitik, und sie erwarten den Frieden nicht als Geschenk, sondern als Geschäft.

Gewiss, von außen betrachtet mag der Nahost-Konflikt auch ein Religionskonflikt sein. Schließlich wird bis aufs Blut ums ach so heilige Jerusalem gestritten, und wenn die Siedler sich auf die Torah berufen, kontert die Hamas mit dem Koran. Im Kern jedoch ist dies ein rein nationaler Konflikt. Es geht um Landbesitz, also um die Aufteilung des ohnehin kargen Bodens zwischen zwei Völkern.

Wenn die Religion hier eine Rolle spielt, dann ist es bislang immer eine negative gewesen - als Waffe der Unversöhnlichen. Mit ihrem gemeinsamen Gebet beim Papst aber haben die beiden Präsidenten ihren Völkern gezeigt, dass von der Religion auch positive Impulse kommen können. Sie haben nicht auf den Konflikt geschaut, sondern auf Gemeinsamkeiten. Sie haben nicht das Trennende betont, sondern das, was sie eint.

Gelöst haben sie damit natürlich keines der komplexen Nahost-Probleme. Aber sie haben endlich einmal einen neuen Blickwinkel gewagt und das Vakuum, das der wieder einmal gescheiterte Friedensprozess hinterlassen hat, mit ein wenig Hoffnung gefüllt. Das mag nicht viel sein. Aber es ist den Aufwand und aller Ehren wert.

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