Papst Benedikt XVI. besucht Deutschland:Um Himmels willen

Papst Benedikt XVI. kommt - und Deutschland spielt verrückt. Felder verwandeln sich in Freiluft-Kirchen, Gullydeckel werden versiegelt und Souvenirs tragen sein Konterfei. Kirche und Staat geben Millionen aus, um den Heiligen Vater angemessen zu empfangen. Doch der will nur Mineralwasser.

Lydia Bentsche

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Die Deutschland-Reise von Benedikt XVI. ist kein leiser, stiller Besuch, sondern ein großes Event. In den etwa 80 Stunden, die der Papst auf deutschem Boden verbringen wird, hat er 20 Termine. Die katholische Kirche lässt sich den hohen Besuch 25 bis 30 Millionen Euro kosten - etwa ein Euro von jedem deutschen Katholiken.

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Versiegelte Gullydeckel, Absperrgitter, geschlossene Geschäfte, gesperrte Autobahnen und menschenleere Straßen. Für den Papst fährt Deutschland die höchsten Sicherheitsvorkehrungen auf, die neben ihm nur für die Präsidenten Afghanistans, Amerikas, Israels und Russlands gelten. Wenn er durch die Republik reist, begleiten ihn Kirchenobere, Politiker, Ärzte und Sicherheitskräfte aus Deutschland, der Schweiz und Italien.

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Allein die Eskorte besteht aus 15 Motorrädern. Den Einsatz der Polizeibeamten zahlen die Bundesländer. Beim Besuch von George W. Bush im Jahr 2006 lagen diese Kosten bei etwa 15 Milionen Euro, schätzte das mecklenburg-vorpommerische Innenministerium. Wie teuer die Papst-Reise für Bund, die drei Bundesländer und die beteiligten Kommunen insgesamt wird, ist noch nicht abzuschätzen. Baden-Württemberg hat bereits etwa 5 Millionen Euro in einem Nachtragshaushalt bereitgestellt. Ob das reicht, ist unklar.

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So wie Benedikt XVI. hier aus seinen privaten Räumen im Vatikan grüßt, dürfen das die Berliner am Donnerstag nicht. Fenster müssen geschlossen bleiben, wenn der Papst ins Olympiastadion fährt. Winken ist verboten von 17 bis 21 Uhr. "Aus Sicherheitsgründen", sagt ein Polizeisprecher. "Sollten Fenster offen stehen, werden wir hingehen und bitten, sie zu schließen."

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Der Kopftuchzwang für päpstliche Audienzen ist aufgehoben. Die amerikanische First Lady verdeckte im Juli 2009 der kirchlichen Tradition gemäß ihre Haare mit einem schwarzen Schleier, für manche Frauen aus Süd- und Osteuropa ist die Kopfbedeckung auch heute noch Teil jedes Gottesdienst- oder Papst-Besuchs. Alle Frauen, die Benedikt XVI. während seiner Deutschland-Reise treffen werden, dürfen auf einen schwarzen Schleier verzichten. Als Bekleidungsregel gelte jedoch "hochgeschlossen", Ärmel über den Ellbogen und Rock unterhalb der Knie, erklärte der Kurator des Erfurter Augustinerklosters Lothar Schmelz dem MDR.

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Der Schutz des gepflegten Fußballrasens von Bundesligist Hertha BSC ist der Kirche eine sechsstellige Summe wert: 170.000 Euro. Wenn zehntausende Besucher den Rasen während der Messe im Berliner Olympiastadtion allerdings trotzdem in Matsch verwandeln und die Fußballprofis ihn nicht mehr nutzen können, muss die Kirche 100.000 Euro draufzahlen.

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Der Papst stellt auf seiner Reise keine großen Ansprüche ans Catering. Der Geschäftsführer des Berliner Olympiastadions Joachim Thomas verriet der Zeit: "Wenn man die Bühnenanweisungen von Rock- und Popstars kennt, dann ist eine Flasche Mineralwasser schon sehr bescheiden."

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Wo sonst Kühe grasen, wüteten Planierraupen, wurden Rampen aufgeschüttet, Wege geschottert, hunderte Meter Kabel vergelegt, Großbildleinwände installiert, Souvenir- und Imbissbuden aufgestellt. Auf dem Feld bei der Wallfahrtskirche Etzelsbach wird Papst Benedikt XVI. mit voraussichtlich etwa 60.000 Pilgern eine Marienvesper feiern. Knapp 1,9 Millionen Euro hat das Landesagrarministerium Thüringen dafür zur Verfügung gestellt.

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Doch wer in Etzelsbach mit dem Papst feiern will, muss einiges auf sich nehmen. Die Anreise ist nur zu Fuß möglich. Bustouristen müssen drei Kilometer gehen, Bahnreisende 4,5 Kilometer und Autofahrer vom nächstgelegenen Parkplatz gar zehn Kilometer. "Tragen Sie festes und bequemes Schuhwerk", rät das Bistum in einem Pilgerhandbuch. Marschverpflegung ist angebracht - und vielleicht ein kleiner Klapphocker für die Vesper. Der Papst übrigens reist im Hubschrauber an.

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Der Papst-Besuch soll nicht nur Geld kosten, viele wollen daran mitverdienen: mit Souvenirs wie dem Radiergummi "Ratzefummel", Postkarten und Wein. Die Deutsche Bischofskonferenz möchte mit offiziellen Erinnerungsstücken, die das Motto der Reise "Wo Gott ist, da ist Zukunft" zieren, einen Teil der Kosten des Besuchs decken. Im Angebot ist alles vom Rosenkranz über T-Shirts, Tassen und Medaillen bis hin zu batteriebetriebenen Kerzen.

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Ein Freiburger Eiscafé hat zum Papstbesuch die Eissorte "Benedikt XVI." kreiert. Bis zu fünf Liter der Mischung aus Vanille-Butterkeks, Orange und Schoko verkaufen Inhaber Nicola Castaldi und Mitarbeiter Paulo Martins (im Bild) täglich. "Ich fände es super, wenn der Papst es selbst einmal probiert", sagt der Eiscafé-Besitzer.

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Eine Sporthalle in der Freiburger Innenstadt wird zehn Tage lang zum Pressezentrum umfunktioniert. Der Vorsitzende der Handballspielgemeinschaft Freiburg ist davon nicht begeistert, der hohe Besuch "beeinträchtigt unseren Spielbetrieb sehr", sagte Raynald Thommen der Badischen Zeitung. Unruhe bringt die Papst-Reise auch in den südbadischen Fußballverband. Die Frauen-Bundesligamannschaft des SC Freiburg hat ihr Spiel gegen Duisburg von Sonntag auf Samstag verschoben, damit Mannschaften und Fans hoffentlich ohne Verkehrschaos ins Stadion gelangen.

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Papst Johannes Paul II. traf er schon, jetzt wünschte sich Helmut Kohl, auch einmal mit Benedikt XVI. zu sprechen: Der Wunsch des Katholiken ging in Erfüllung. Der Papst nimmt sich ebenso viel Zeit, um das Lebenswerk des "Kanzlers der Einheit" in einem persönlichen Gespräch in Freiburg zu würdigen, wie zum Treffen mit Kanzlerin Merkel. Benedikt XVI. und Kohl verbinden eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und viele Begegnungen aus der Zeit, als Joseph Ratzinger noch Kardinal war. Bitten anderer Altkanzler, den Papst zu treffen, gab es nicht.

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Nicht nur bei Empfängen im Vatikan, sondern auch bei Auslandsreisen überreicht und erhält der Papst Geschenke. Eine besondere Gabe ließ sich Benedikt XVI. für Barack Obama einfallen, als dieser ihn besuchte. Er drückte dem US-Präsidenten eine Abhandlung in die Hand, in der er die "verbreitete tragische Plage der Abtreibung" kritisiert. Zuvor hatte Obama Finanzhilfen für internationale Organisationen, die Abtreibungen unterstützen oder ausführen, wieder erlaubt. Was Benedikt XVI. den deutschen Politikern überreicht, ist unbekannt.

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Ein Geschenk, das der Papst erhalten soll, ist schon bekannt: Pfarrer Bernhard Streicher wird ihm einen Chormantel geben, den Benedikt XVI. beim Gottesdienst in Etzelsbach tragen kann. Etwa 200 Stunden haben die Frauen der Paramentenstickerei Cassau daran gearbeitet. Das Gewand ist aus dem edlen Stoff Goldbrokat und goldenen Fäden aus Japan. Was es wert ist, darüber schweigen alle. Pfarrer Streicher hat Spenden gesammelt und angeblich aus seiner Privatschatulle etwas draufgelegt.

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Der Papst kommt, ein einstiger Terrorhelfer muss gehen: Ein 26-Jähriger darf sich nicht in seinem Wohnort Freiburg aufhalten, während Benedikt XVI. die Stadt besucht. Die Maßnahme soll die örtliche Polizei entlasten. Der Mann war wegen Unterstützung der islamistischen Sauerland-Gruppe und Vorbereitung eines Autobombenanschlags zu fünf Jahren Haft verurteilt und im vergangenen Juli unter Bewährungsauflagen entlassen worden.

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Der Axel-Springer-Verlag hat sich anlässlich der Papst-Reise etwas Besonderes einfallen lassen. Die "Bild"-Titelseite mit der Schlagzeile "Wir sind Papst" vom Tag nach der Wahl Joseph Ratzingers zum Papst verhüllt das Axel-Springer-Haus in Berlin. Arbeiter haben das 45 mal 64 Meter hohe Poster mit der ersten Seite der Ausgabe vom 20. April 2005 über 19 Etagen des Gebäudes gespannt.

© sueddeutsche.de/lyb/dpa/dapd/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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