Panzer-Deal mit Saudi-Arabien: Grünen-Chefin attackiert Merkel:"Die Bundesregierung verhöhnt das Parlament"

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Im Bundestag schweigt die Regierung zu dem möglichen Panzer-Export nach Saudi-Arabien, doch in verschiedenen Medien preisen Merkel und ihre Minister das Land als wichtigen Partner. Grünen-Chefin Claudia Roth ist empört über dieses Gebaren - und warnt die Regierung vor einem "Blankoscheck für Waffenexporte in alle Länder".

Wolfgang Jaschensky

Die Kanzlerin hat sich für Sat1 entschieden. Der Verteidigungsminister ist beim Hamburger Abendblatt zu lesen. Und der Innenminister wird vorab von der Bild am Sonntag zitiert. Alle drei loben Saudi-Arabien. "Saudi-Arabien ein wichtiger Sicherheitspartner", sagt Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) erläutert, es liege im westlichen Interesse, dass Saudi-Arabien seine stabilisierende Rolle in der Region weiter spielen könne. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt, Saudi-Arabien sei von großer strategischer Bedeutung.

Aktivisten demonstrieren in Berlin gegen den Panzer-Deal mit Saudi-Arabien. Auch Grünen-Chefin Claudia Roth ist sauer: Die geplante Rüstungslieferung bezeichnet sie als Respektlosigkeit der Bundesregierung gegenüber dem Parlament. (Foto: Getty Images)

Die drei Unionspolitiker sind Mitglieder im Bundessicherheitsrat und sollen dort an der Entscheidung beteiligt gewesen sein, den Verkauf von 200 Leopard-2-Panzern an Saudi-Arabien zu genehmigen. Alle drei haben es vermieden, im Bundestag zu dem Panzer-Deal Stellung zu beziehen.

Ausreichend Gelegenheit hätten sie dazu gehabt. Am Mittwoch gab es im Parlament eine Fragestunde und eine Aktuelle Stunde. Kanzlerin Merkel und ihre Ressortchefs griffen in die Debatte überhaupt nicht ein. Stattdessen wehrte der Staatssekretär des für Rüstungsexporte zuständigen Wirtschaftsministeriums, Hans-Joachim Otto (FDP), über eine Stunde lang alle Fragen ab.

Als die Opposition am Freitag versuchte, den Panzer-Deal zu stoppen, war sogar die Kanzlerin da. Doch weder Merkel noch einer ihrer Minister hielten es für nötig, sich zu äußern. Stattdessen gaben sie in ausgewählten Medien Interviews, wo weder Zwischen- noch Buh-Rufe aus den Reihen der Opposition zu befürchten sind. Dort verteidigen sie einen Deal, den sie nie bestätigt haben.

Grünen-Chefin Claudia Roth ist empört über dieses Gebaren. Die Bundesregierung missachte erst den Bundestag und provoziere das Parlament dann auf inakzeptable Art und Weise, sagt Roth im Gespräch mit sueddeutsche.de. "Eine derartige Respektlosigkeit gegenüber dem Parlament und der politischen Kultur in Deutschland habe ich noch nicht erlebt. Die Bundesregierung verhöhnt das Parlament", so die Grünen Chefin.

Schon bei der Abstimmung am Freitag im Bundestag kritisierte die Opposition, dass sich die Regierung hinter dem Geheimhaltungsgebot des Bundessicherheitsrates verkrieche. Das verärgerte zum Beispiel SPD-Chef Sigmar Gabriel. Auf eine Zwischenbemerkung der Grünen-Politikerin Britta Haßelmann, sie finde es "unerträglich", dass das Kanzleramt in der Debatte überhaupt nicht vertreten sei, ergänzte Gabriel: Das Auswärtige Amt glänze nicht nur durch Abwesenheit des Außenministers, sondern lasse den zuständigen Staatssekretär auch noch durch die Staatsministerin für auswärtige Kulturpolitik, die FDP-Frau Cornelia Pieper vertreten.

Auch der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hat dafür kein Verständnis. Am Freitag forderte er die Kanzlerin auf, die nicht gottgegebene Geheimhaltungspflicht doch herabzustufen und endlich zu reden. Geredet hat Merkel dann später auch. Aber eben mit Sat.1.

Rühe: "Dieses Waffengeschäft muss gestoppt werden"

Wie Panzer Saudi-Arabien helfen sollen, Iran in Schach zu halten - auch darauf hat die Koalition schon verwiesen-, wurde Merkel hier nicht gefragt. SPD-Chef Gabriel hatte im Bundestag angeführt, dass es keine direkte Landverbindung zwischen Saudi-Arabien und Iran gebe. Das mache doch klar, dass Saudi-Arabien die Panzer brauche, um im Zweifel Demokratiebewegungen im Inland oder benachbarten Ausland in Schach zu halten.

Das sieht auch Claudia Roth so. "Wenn dieses Geschäft zustande kommt, dann können deutsche Rüstungsfirmen künftig in jedes Land Panzer und Waffen liefern", sagt Roth. Ein Panzer-Deal mit Saudi-Arabien sei ein "Blankoscheck für Waffenexporte in alle Länder".

Roth fordert die Kanzlerin deshalb auf, das Geschäft zu stoppen. Unterstützung erhält sie von überraschender Seite: Merkels Parteifreund, der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe fordert im am Sonntag erscheinenden Spiegel: "Dieses Waffengeschäft muss gestoppt werden". Wirkliche Stabilität erhalte das Land "nicht durch deutsche Panzer, sondern nur durch tiefgreifende Reformen". Deutschland sollte sich nicht "auf der falschen Seite der Geschichte wiederfinden".

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