Panne beim MI 6:Sir John trägt Speedo

Die Frau des neuen britischen Spionage-Chefs Sawers breitet im Netz schier alles aus, was Spione schon immer über den höchsten Agenten wissen wollten - sogar die Marke seiner Badehosen.

W. Koydl, London

Es ist noch gar nicht so lange her, da war nicht nur die Arbeit von Britanniens oberstem Spionagechef ein Staatsgeheimnis, sondern sogar seine Identität. Weder der Name noch gar das Gesicht des Direktors von MI 6 waren der Öffentlichkeit bekannt. Es war ganz so, wie es James-Bond-Erfinder Ian Fleming beschrieben hatte, nur mit dem Unterschied, dass der Boss in der Realität unter dem Tarnkürzel "C" lief, und nicht als "M" wie bei 007.

Panne beim MI 6: Sir John Sawers: Eine Facebook-Panne bringt den designierten Geheimdienstchef in Bedrängnis.

Sir John Sawers: Eine Facebook-Panne bringt den designierten Geheimdienstchef in Bedrängnis.

(Foto: Foto: Reuters)

Diese Geheimniskrämerei hat der britische Auslandsgeheimdienst mittlerweile aufgegeben, aber auf soviel Öffentlichkeit, wie sie jetzt der künftige Chef Sir John Sawers preisgab, war man im Hauptquartier des Dienstes am Themse-Ufer gegenüber dem Londoner Bahnhof Vauxhall wohl nicht vorbereitet. Denn auf ihrer Facebook-Seite hatte Sir Johns Ehefrau Shelley schier alles ausgebreitet, was ausländische Spione schon immer über Britanniens höchsten Agentenführer wissen wollten: Seine Adresse in London, den Aufenthaltsort seiner erwachsenen Kinder und seiner greisen Eltern, die Identität seiner Freunde, sowie wo und mit wem er Ferien macht.

Britischer Badespaß

Selbst Details, die wahrscheinlich noch nicht einmal den nordkoreanischen Dienst interessieren würden, waren für jedermann einsehbar - etwa, dass Sir John mit Hosen der Marke Speedo baden geht, belegt durch ein Foto des derzeitigen britischen UN-Botschafters beim Badespaß.

Vor einem Jahr war Lady Shelley Sawers der Gemeinde des Internet-Netzwerks Facebook beigetreten, und seitdem versorgte sie Verwandte, Freunde und Bekannte regelmäßig mit Neuigkeiten aus dem Familienleben. Am 16. Juni, dem Tag, an dem die Ernennung ihres Gatten bekannt gegeben worden war, stellte sie knapp zwei Dutzend neue Fotos vom letzten Urlaub auf die Website. Liebe Freunde posteten Glückwünsche zum neuen Job des Ehemannes: Neffen mit Intimkenntnissen der Spionagebranche nennten ihn bereits "Sir Onkel C", schrieb ein Gratulant.

Erpressung von ausländischen Mächten

An den Schutz ihrer Privatsphäre dachte Lady Shelley nicht. Von den Möglichkeiten, die Seite dem Einblick einer weiten Öffentlichkeit zu entziehen, machte sie nie Gebrauch. Im Gegenteil: So offen war ihre Seite, dass potentiell alle 200 Millionen Facebook-Nutzer sie betrachten konnten, bevor sie nun nach ihrer Enthüllung hastig aus dem Netz genommen wurde.

Die oppositionellen Konservativen und Liberaldemokraten sehen durch die Facebook-Panne die Fähigkeit Sawers gefährdet, sein neues Amt ausüben zu können. Sie befürchten, dass er von ausländischen Mächten erpresst werden könnte und verlangen von Premierminister Gordon Brown eine Untersuchung. Außenminister David Miliband, kraft Amtes für den Auslandsgeheimdienst verantwortlich, versuchte indes den Skandal als Lappalie beiseite zu wischen: "Der Chef von MI6 geht schwimmen und trägt Speedos - wow", höhnte er in einem Fernsehinterview. "Aber das ist kein Staatsgeheimnis und überhaupt keine Nachricht wert."

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