Panama Papers:Steuerhinterzieher - "keine Unternehmer, sondern Wegnehmer"

Bundestag

Finanzminister Schäuble im Bundestag

(Foto: dpa)
  • Der Bundestag diskutiert in einer Aktuellen Stunde, welche Konsequenzen die Politik aus den Panama Papers ziehen sollte.
  • Im Zentrum steht die Frage, ob Deutschland auf nationaler Ebene Gesetze verschärfen soll - oder ob nur internationale Zusammenarbeit hilft.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Wolfgang Schäuble legt den Kopf schief bevor er mit seiner Rede beginnt, schüttelt dann aber den Kopf und schmunzelt nur. Als könne er nicht glauben, was er gerade von Anton Hofreiter zu hören bekam. Der Grünen-Fraktionschef hat dem Bundesfinanzminister ganz schön einen mitgegeben in dieser Aktuellen Stunde des Bundestages zu den Panama Papers. Seit gut zwei Wochen rütteln die Veröffentlichungen der Süddeutschen Zeitung und ihrer Partner Teile der Welt durcheinander.

Das wäre genug Grund zu handeln, findet Hofreiter. Deutschland aber sei "einer der Hauptblockierer", wenn es um Gesetze gegen Briefkastenfirmen in Panama und andere Steueroasen gehe. Schäuble lasse zu, dass die zuständige Aufsichtsbehörde Bafin die Banken nicht ausreichend kontrolliere. Weshalb 28 deutsche Banken in den Panama Papers als Helfershelfer der Steuervermeidungs-Akrobaten auftauchten. Und überhaupt, die deutsche Steuerverwaltung, zersplittert in 16 Steuerverwaltungen der Länder. Wenigstens für Superreiche und Großkonzerne müsse es eine Bundesfinanzverwaltung geben. Klingt zunächst ganz gut.

"Ein Mindestmaß an Sachkenntnis schadet nicht"

Schäuble lauscht noch ein wenig der Stille, die sich breit macht im Rund des Plenarsaals. Alle warten darauf, dass er beginnt. Dann sagt Schäuble: "Ein Mindestmaß an Sachkenntnis schadet nicht, wenn man so heftige Vorwürfe erhebt."

Da hat er mit einem Satz Hofreiter zur hoffnungslosen Nachwuchskraft auf dem internationalen Finanzparkett erklärt. So ist der Schäuble. Steuerverwaltung sei nun mal Sache der Länder, belehrt er Hofreiter. Daran könne er nun wahrlich nichts ändern.

Schäubles Selbstbild ist das eines edlen Ritters, der auf einem weißen Pferd und mit dem Schwert der Gerechtigkeit bewaffnet gegen Steueroasen in aller Welt kämpft. Seine bisher wichtigste Schlacht meint er mit dem automatischen Informationsaustausch gewonnen zu haben. Mehr als 100 Länder wollen demnächst den anderen Mitgliedsländern melden, wenn fremde Steuerbürger in ihren Ländern Konten eröffnen.

Er will jetzt zusätzlich vorpreschen und mit Italien, Frankreich, Spanien und Großbritannien die jeweiligen nationalen Firmen-Register vernetzten. "Wir machen das vorab schon", sagte Schäuble. Es müsse allerdings vorher noch das deutsche Datenschutzrecht gelockert werden. Wer Schäuble zuhört gewinnt den Eindruck: Ohne den Informationsaustausch ist alles andere ohnehin nichts.

"Inakzeptabel", "verwerflich", "asozial"

Weshalb Redner wie der CSU-Mittelständler Hans Michelbach glauben, verbal alles abfeuern zu können, was das rhetorische Arsenal gegen Steuerbetrüger im Angebot hat. "Inakzeptabel", "verwerflich", "asozial" sei das Verhalten derer, die ihr Geld in Briefkastenfirmen versteckten, sagt Michelbach. Wer so etwas mache sei "kein Unternehmer, sondern ein Wegnehmer, ein Dieb!" Und zwar einer der "geächtet und sanktioniert" gehöre.

Was der Bayer Michaelbach nicht sagt: Das Risiko für Unternehmer, eine Steuerprüfung über sich ergehen lassen zu müssen, ist nirgends in Deutschland geringer ist als im Freistaat. Auch eine Art Standortvorteil.

Schäubles Kollegen vom Koalitionspartner SPD sehen die Sache dann doch etwas differenzierter. Warum nicht Banken die Lizenz entziehen, wenn sie helfen, deutsches Geld in tropisch gelegenen Briefkastenfirmen zu horten? Einen entsprechenden Vorschlag der Länder lehnt die Bundesregierung bisher ab. Das Argument: Gibt es doch schon.

Diesmal scheint Schäuble nicht richtig informiert zu sein. Es gibt den Lizenzentzug als Strafe. Aber nicht im Steuerrecht, wie Carsten Schneider mit Verweis auf die entsprechenden Paragrafen feststellt. Schneider ist finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

Solche nationalen Schritte aber tauchen im 10-Punkte-Papier nicht auf, das Schäuble in Reaktion auf die Panama Papers vorgelegt hat. Die SPD-Fraktion hat deshalb am Dienstag gleich doppelt so viele Punkte beschlossen. Im Kern stehen darin Schäubles Initiativen plus ein paar Ideen für die nationale Ebene.

In einem Punkt aber sind sich alle einig, die an diesem Mittwoch im Bundestag reden: Die Panama Papers sind enorm hilfreich, um den Druck auf die Steueroasen zu erhöhen und die Regulierung dieses Schatten-Marktes voranzutreiben. Auch wenn sich mancher Banker schon über die Komplexität der bestehenden Regulierung beschwert.

Solche Banker scheinen eines zu vergessen, vermutet der SPD-Finanzexperte Lothar Binding: "Die Komplexität der Regulierung ist im Vergleich zur Komplexität des Marktes unterkomplex." Dem dürfte wenig hinzuzufügen sein.

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