Panama Papers:Enthüllungen alarmieren Staatsanwälte in aller Welt

  • Die Enthüllungen der Panama Papers haben weltweit ein großes Echo hervorgerufen.
  • In vielen Ländern haben Staatsanwaltschaften Ermittlungen angekündigt.
  • In vielen Ländern äußerten sich hochrangige Politiker und verurteilten die Praxis, Geschäfte über Briefkastenfirmen in Steueroasen zu führen.

Von Jakob Schulz

Zahlreiche Staaten haben am Tag nach der Veröffentlichung der Panama Papers auf die umfangreichen Enthüllungen reagiert. Frankreichs Präsident François Hollande bezeichnete die Berichte im Zuge der Panama Papers als "gute Nachricht", die eine Steigerung der Steuereinnahmen zur Folge haben werde. Die Enthüllungen zeigten zudem, "dass es möglich ist, gegen Steuerbetrug zu kämpfen". Hollande kündigte zudem rechtliche Schritte an. "Ich versichere Ihnen, so wie die Information zutage tritt, werden Untersuchungen durchgeführt, Verfahren eröffnet und Prozesse geführt werden."

In Island zeigten sich zahllose Menschen empört über Premier Sigmundur Davíð Gunnlaugsson. Dieser hat den Panama Papers zufolge Verbindungen zu Offshore-Firmen. Die Opposition forderte den Rücktritt des Premiers, am frühen Abend wollten Tausende gegen die Regierung demonstrieren. Auf Facebook teilten zuletzt fast 10 000 Menschen mit, zur Demonstration erscheinen zu wollen. Zum Vergleich: Island hat insgesamt etwa so viele Einwohner wie Bielefeld - rund 330 000. Die Opposition im Parlament kündigte an, ein Misstrauensvotum gegen den Premier anzustreben.

Panama kündigt "Null-Toleranz-Politik" an

Panamas Staatspräsident Juan Carlos Varela rief Stunden nach den Enthüllungen eine "Null-Toleranz-Politik" aus. Varela sicherte eine "lückenlose Kooperation" bei Ermittlungen zu den Enthüllungen zu. Und zwar in allen Bereichen des Rechts- und Finanzwesens, "wo nicht mit einem höchsten Maß an Transparenz" gearbeitet werde. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass sie Ermittlungen zu den Panama Papers eingeleitet habe.

Für Varela sind die Enthüllungen ein schwerer Rückschlag in seinen Bemühungen, den Ruf Panamas zu retten - als attraktives Tourismus-Ziel sowie als seriöser Finanzplatz. Zuletzt hatte seine Regierung tatsächlich verschärfte Gesetze für Banken, Versicherungen und Immobilienfirmen erlassen. Auf Anfrage müssen inzwischen die Klarnamen von Firmenbesitzern an die Behörden weitergeben werden. Zuvor hatte sich das Land allerdings lange genug gegen internationale Forderungen nach solchen Richtlinien gewehrt.

Auch die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, aus der das Datenleck zu Offshore-Gründungen in Steuerparadiesen stammt, äußerte sich umgehend. Ramon Fonseca, der die Kanzlei gemeinsam mit dem deutschstämmigen Jürgen Mossack führt, wehrte sich gegen die Vorwürfe, sein Unternehmen helfe im großen Stil bei Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Die Enthüllungen der Panama Papers nannte Fonseca ein "Verbrechen." Der frühere Berater von Präsident Varela ergänzte: "Das ist ein Angriff auf Panama, weil es gewissen Ländern nicht gefällt, dass wir so erfolgreich beim Anwerben von Unternehmen sind."

SPD geißelt "asoziales Verhalten"

In Deutschland fielen die Reaktionen auf die Enthüllungen unterschiedlich aus. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) forderte angesichts der Panama-Papers-Enthüllungen spürbare Konsequenzen. "Wir dürfen nicht zulassen, dass ein Teil der Gesellschaft hart arbeitet, sich an die Regeln hält und Steuern zahlt, während ein anderer Teil die Gesellschaft betrügt. Diese Betrüger sind die wahren Asozialen. Gabriel sprach von "organisierter Kriminalität", die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gelte.

Deutlich äußerte sich auch Katarina Barley, Generalsekretärin der SPD. Sie forderte im Kölner Stadt-Anzeiger, dass "solches asoziales Verhalten" nicht straflos bleiben dürfe. "Das ist eine Form von Schwerstkriminalität, die unserem Gemeinwesen aufs allerhärteste schadet."

Michael Fuchs (CDU), stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, warnte dagegen vor einer "Skandalisierung" derartiger Finanzgeschäfte. Es sei "nicht illegal, Firmen im Ausland zu gründen oder Geld ins Ausland zu transferieren", so Fuchs.

Moskau spricht von Propaganda

In Russland wurden die Panama-Papers-Enthüllungen als westliche Propaganda verurteilt und zurückgewiesen. Es gebe eine Vielzahl von Informationsattacken gegen den russischen Präsidenten, sagte die Vorsitzende des Sicherheitsausschusses, Irina Jarowaja, im Parlament in Moskau. "Das ist eine von vielen Giftinjektionen in der Hoffnung, dass die Dosis irgendwann anschlägt", so Jarowaja der Agentur Tass zufolge. Den Panama Papers zufolge hat Putins engstes Umfeld über Briefkastenfirmen Zugriff auf Hunderte Millionen Euro. Putin selbst taucht in den Dokumenten nicht auf.

Putins Sprecher Dmitri Peskow sprach von einer "Putinophobia". "Für uns ist die Tatsache klar, dass unser Präsident das Ziel dieser Vorwürfe war und ist, vor allem vor den kommenden Parlamentswahlen, aber auch langfristig, ich meine vor der Präsidentenwahl in zwei Jahren", sagte Peskow der Agentur Interfax zufolge.

Zunächst keine Ermittlungen gegen Poroschenko

In der Ukraine geriet Präsident Petro Poroschenko durch die Enthüllungen unter Druck. Das ukrainische Antikorruptionsbüro teilte allerdings mit, keine Ermittlungen gegen Poroschenko einzuleiten - aus formalen Gründen. "Gemäß den geltenden Gesetzen gehört der Präsident nicht zur Liste der Funktionsträger, gegen die das Büro Ermittlungen aufnehmen kann", erklärte die Behörde. Nur gegen ehemalige Präsidenten könne ermittelt werden. Zwei Abgeordnete der Präsidentenpartei, Mustafa Najem und Sergej Leschtschenko, regten die Einrichtung einer juristischen Untersuchungskommission an. "Der endgültige Bericht und die Analyse der veröffentlichten Dokumente dieser Kommission könnten zu einer würdigen Antwort auf das Panamagate werden", teilte Najem mit.

In Österreich sagte Bundeskanzler Werner Faymann, es gebe "nach wie vor einen großen Geschäftszweig, der sich mit dem Verschleiern und Verstecken von Geld und Vermögen beschäftigt". Die Hintergründe müssten rigoros aufgearbeitet werden. Der Kanzler forderte klare Antworten: "Gesetze und Strafen, die das Ziel haben, das zu verhindern", so Faymann. Er betonte, dass europäische Antworten nötig seien, da es sich um eine internationale Frage handele.

Behörden in der Schweiz ermitteln

Die Schweizer Behörden schalten sich ein: Die Finanzmarktaufsicht Finma prüft, inwieweit auch Schweizer Banken Dienstleistungen der Kanzlei Mossack Fonseca genutzt haben. "Wenn wir Hinweise erhalten, dass Institute gegen Bestimmungen verstoßen, greifen wir im Rahmen unserer Aufsichtstätigkeit ein", erklärte ein Finma-Sprecher laut Nachrichtenagentur Reuters. Schweizer Banken waren auch aktiv bei der Vermittlung von Briefkastenfirmen.

Auch Neuseeland kündigte an, zu untersuchen, ob sich die Namen von Staatsbürgern in den Dokumenten finden. Premier John Key wies die Einordung Neuseelands als Steueroase zurück. Australien kündigte an, 800 Kunden der Kanzlei Mossack Fonseca zu überprüfen. Auch Israel kündigte Ermittlungen an.

Schwedens Finanzaufsicht forderte Verantwortliche der Nordea Bank AB auf, an diesem Dienstag zu einer Befragung zu erscheinen. Die Behörde will die Manager der größten skandinavischen Bank befragen, inwieweit das Institut möglicherweise wohlhabenden Kunden half, Steuerzahlungen zu umgehen. Dieser Verdacht ergibt sich aus den Panama Papers. Nordea betonte, die Bank halte sich an alle Regeln und Vorschriften. "Wir akzeptieren nicht, als Plattform für Steuerhinterziehung genutzt zu werden", hieß es. Offshore-Strukturen könnten für einige Kunden mit komplizierten internationalen Unternehmen ein legales Vehikel sein. Die Bank stelle aber sicher, dass die Kunden den Steuerbehörden ihre Konten meldeten, so die Bank weiter.

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