Ostdeutschland:Polizisten mit Stasi-Vergangenheit

Früher arbeiteten sie für die Stasi, heute für die Polizei: Auch bei den Ordnungshütern ist die DDR-Vergangenheit noch nicht abgeschlossen.

20 Jahre nach dem Mauerfall sind noch hunderte frühere hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter im Polizeidienst der ostdeutschen Länder. Das ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa bei den Innenministerien. Ein ARD-Bericht über das Landeskriminalamt Brandenburg hatte die Debatte am Freitag neu entfacht. Das Magazin "Monitor" hatte berichtet, dass etwa 100 der gut 700 Mitarbeiter des Landeskriminalamtes frühere Stasi-Offiziere seien, 13 seien sogar Dezernatsleiter.

Ostdeutschland: Hauptzellentrakt im Ex-Stasi-Gefängnis Bauzen II - inzwischen eine Gedenkstätte.

Hauptzellentrakt im Ex-Stasi-Gefängnis Bauzen II - inzwischen eine Gedenkstätte.

(Foto: Foto: ddp)

Das Innenministerium in Potsdam bestätigte nur 58 Fälle. Darunter seien auch keine Dezernatsleiter. Die Mehrheit dieser 58 Mitarbeiter sei von der Stasi als junge Studenten der Kriminalistik an die Berliner Humboldt-Universität geschickt worden.

Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hatte erst im Juni Zahlen vorgelegt: Demnach wurden nach der Wende 242 ehemalige hauptamtliche und 1238 inoffizielle Stasi-Mitarbeiter in den Reihen der brandenburgischen Polizei festgestellt. Etwa 600 seien aus dem Dienst entfernt worden. Von den ehemaligen Hauptamtlichen seien 201 noch im Dienst. Darunter sind auch die 58 im LKA Brandenburg.

In Mecklenburg-Vorpommern musste etwa jeder zehnte frühere DDR-Polizist wegen Stasi-Verstrickungen den Dienst quittieren. Dem Innenministerium in Schwerin zufolge wurden nach der Wende 7785 Polizisten und Angestellte auf Zusammenarbeit mit der DDR- Staatssicherheit überprüft. 919 belastete Polizisten seien in die Landespolizei übernommen, 819 aber entlassen worden.

"Wer nicht tiefgreifend verstrickt war, seine Berichte nur oberflächlich abgeliefert hat und daraus kein Schaden für Dritte entstand, dem haben wir auch eine zweite Chance eingeräumt", sagte Innenminister Lorenz Caffier (CDU). "Hauptamtliche Mitarbeiter des MfS haben wir aber alle entlassen."

Bei der Polizei in Sachsen-Anhalt arbeiten noch bis zu 100 frühere Stasi-Mitarbeiter. Sie seien vor allem im Personenschutz und in Spezialeinheiten tätig, teilte das Innenministerium in Magdeburg auf Anfrage mit. 1995 seien etwa 200 frühere hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter bei der Polizei gewesen.

In Thüringen wurden seit Anfang der neunziger Jahre fast 7600 Polizisten auf eine mögliche Verstrickung mit der DDR-Staatssicherheit überprüft. Allein bis zum Jahr 2005 seien wegen einer Stasi-Vergangenheit etwa 800 Polizisten aus dem Dienst ausgeschieden, hieß es beim Innenministerium. 310 Polizisten wurden weiterbeschäftigt, weil die Vorwürfe nicht gravierend waren. Mehrere Fälle landeten vor Gericht.

Bis Ende März 1994 waren mehr als 1100 Mitarbeiter der sächsischen Polizei "unter anderem aufgrund ihrer Tätigkeit für das MfS für unzumutbar erklärt und entsprechende Maßnahmen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eingeleitet worden", hatte das Innenministerium bereits 1994 Bilanz gezogen.

Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, hatte Ende 2006 mitgeteilt, dass zu diesem Zeitpunkt bei der Polizei der neuen Länder und der Bundespolizei etwa 1800 frühere Stasi-Mitarbeiter tätig waren. 1990 sei eine große Zahl von Angestellten des DDR-Staatsapparates in den Dienst der Bundesrepublik übernommen worden, darunter beim Zoll.

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