Transplantations-Skandal:Bahr fordert Organ-Tricksereien drastisch zu bestrafen

"Mit aller Härte": Gesundheitsminister Bahr will gegen kriminelle Tricks bei der Vergabe von Organen vorgehen. Konsequenzen aus dem Organspende-Skandal will er nach der Sommerpause beraten - und sucht den Schulterschluss mit der Opposition.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr verlangt harte Strafen für kriminelle Machenschaften bei der Vergabe von Organen für Transplantationen und will darüber auch mit der Opposition beraten. "Die Gesetze in Deutschland sind klar formuliert. Versuche, sie zu umgehen, müssen mit aller Härte bestraft werden", sagte der FDP-Politiker der Bild-Zeitung.

Daniel Bahr

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will Manipulationen bei der Organvergabe hart bestrafen.

(Foto: dapd)

Bei den bekannt gewordenen Fällen in Göttingen und Regensburg seien Daten manipuliert worden. Bahr sagte, die Regeln von Bundesärztekammer, Eurotransplant und der Stiftung Organtransplantation seien klar. "Künftig muss aber verhindert werden, dass Ärzte manipulieren können", mahnte er.

Auch bei der sogenannten schnellen Organvergabe seien die Regeln eindeutig. "Ist ein Organ nicht geeignet für den Empfänger, kann es einem anderen Menschen das Leben retten, anstatt ungenutzt zu bleiben", sagte Bahr. "Das entscheidet kein Arzt allein, es sind mehrere Kliniken und Eurotransplant eingebunden und alle Empfänger stehen auf der Liste."

Bahr sagte, der Ruf nach staatlicher Organvergabe sei keine Lösung. Laut Gesetz könnten Transplantationszentren seit 1. August unangemeldet überprüft werden. "Wenn es Gesetzeslücken geben sollte, müssen die geschlossen werden", sagte der Minister. "Nach der Sommerpause lade ich alle Parteien ein, um gemeinsam über Konsequenzen zu beraten und das Vertrauen zurückzugewinnen."

Experten beraten über Konsequenzen aus Organspende-Skandal

Manipulationen an den Unikliniken in Göttingen und Regensburg hatten in den vergangenen Wochen für einen Skandal gesorgt. Hinzu kommen die immer zahlreicheren Schnellverfahren bei der Organvergabe, in denen die sonst üblichen Vergabekriterien nicht voll gelten.

Unter wachsendem Reformdruck wollen Vertreter von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen über Konsequenzen aus dem Organspende-Skandal beraten. Bei der Bundesärztekammer kommen heute Vormittag die Prüf- und Überwachungskommissionen von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen mit weiteren Experten zusammen. Ende August kommen dann die Verantwortlichen bei Bahr zu einem weiteren Spitzentreffen zusammen.

Bereits vorab macht sich die Ärzteschaft für strengere Kriterien bei den immer häufiger werdenden Schnellverfahren bei der Organvergabe stark. Er sehe in der Zunahme dieser Verfahren ein Problem, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, im ZDF-"Morgenmagazin". "Wenn der Sonderfall zum Regelfall wird, dann ist etwas an unseren Richtlinien nicht in Ordnung." Montgomery machte aber deutlich, dass es bei den beschleunigten Verfahren, in denen die sonst üblichen Vergabekriterien nicht voll gelten, bislang keine Anhaltspunkte für Manipulationen gebe.

Im Bayerischen Rundfunk kündigte Montgomery an, für die Organvergabe eine Kontrollkommission aus Mitglieder von staatlichen Vertretern und aus der Ärzteschaft einsetzen zu wollen. "Wir werden in Zukunft ein Vieraugenprinzip oder noch besser ein Kommissionsprinzip einführen." Dann müssten wesentlich mehr Menschen bestätigen, dass ein Patient sofort transplantiert werden müsse. Außerdem solle es ähnlich wie in den USA unangemeldete, flächendeckende Kontrollen von Transplantationen auch ohne Anlass geben.

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