Oppositionelle ausgespäht:Mutmaßliche syrische Spione in Berlin festgenommen

Das Regime in Syrien lässt Oppositionelle überwachen, in denen es eine Gefahr sieht - auch im Ausland. In Berlin wurden jetzt zwei mutmaßliche syrische Spione festgenommen, gegen sechs weitere Männer wird ermittelt. Außenminister Westerwelle ließ den syrischen Botschafter in Berlin einbestellen.

In Berlin sind am Morgen zwei mutmaßliche syrische Spione festgenommen worden. Wie die Bundesanwaltschaft auf ihrer Internetseite mitteilte, werden die beiden Männer verdächtigt, für einen syrischen Nachrichtendienst seit Jahren planmäßig syrische Oppositionelle in der Bundesrepublik Deutschland ausgeforscht zu haben.

Protest gegen Assad

Demonstranten protestieren am 05.02.2012 in Berlin gegen den syrischen Machthaber Assad. Das Regime lässt syrische Oppositionelle auch im Ausland verfolgen.

(Foto: dpa)

Die Haftbefehle gegen den 47-jährigen Deutsch-Libanesen Mahmoud El A. und den 34 Jahre alten Syrer Akram O. wurden bereits am 31. Januar ausgestellt. Sie waren seit einiger Zeit vom Verfassungsschutz beobachtet worden. Am Mittwoch werden sie dem Berliner Ermittlungsrichter vorgeführt.

In Folge der Festnahmen ließ Außenminister Guido Westerwelle den syrischen Botschafter in Berlin einbestellen. Dem Gesandten sei deutlich gemacht worden, dass die Bundesregierung "etwaiges Vorgehen gegen syrische Oppositionelle in Deutschland in keiner Weise akzeptiert", so Westerwelle.

Außer den Wohnungen der Festgenommenen wurden auch die Wohnungen von weiteren sechs Beschuldigten durchsucht. Sie sollen sich an der Ausspähung beteiligt haben. Aus Sicherheitskreisen hieß es, bei einigen handele es sich um Botschaftsangehörige. Unter der Leitung der Bundesanwaltschaft sind etwa 70 Beamte des Bundeskriminalamts und des Landeskriminalamts Berlin an dem Einsatz beteiligt.

Bereits im April vergangenen Jahres hatte das Auswärtige Amt fünf libysche Diplomaten des damaligen Regimes ausgewiesen. Ihnen wurde vorgeworfen, Libyer in Deutschland drangsaliert haben.

Berliner Verfassungsschutz will sich mit syrischem Geheimdienst befassen

Ende Dezember wurde ein Bezirkspolitiker in Berlin, Ferhad Ahma, von zwei Unbekannten in seiner Wohnung überfallen und mit Schlagstöcken traktiert. Ahma lebt seit 1996 in Berlin und ist Mitglied der Grünen. Seit Oktober 2011 ist der 37-Jährige Mitglied in dem von Syrien nicht anerkannten oppositionellen Syrischen Nationalrat. Er vertritt die kurdische Minderheit in diesem Ersatzparlament.

Ahma selbst vermutete den syrischen Geheimdienst hinter der Attacke. "Die wollten wohl ein Exempel statuieren", sagte er damals. Das Auswärtige Amt ging dem Verdacht nach, der syrische Geheimdienst sei in den Fall verwickelt. Es gebe jedoch keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen den laufenden Ermittlungen der Bundesanwaltschaft und dem Überfall auf Ahma, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.

Der Verfassungsschutz-Ausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses wird sich nächsten Mittwoch mit dem Geheimdienst des arabischen Landes befassen. Die Grünen-Fraktion habe die Aussprache beantragt, teilte Ausschussvorsitzender Benedikt Lux (Grüne) mit. Bereits vor einem Monat habe die Leiterin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, bestätigt, dass seit dem arabischen Frühling gesteigerte Aktivitäten der Geheimdienste aus den arabischen Ländern in der Bundeshauptstadt zu verzeichnen seien, so Lux.

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