Opposition:Vorwürfe gegen de Maizière: "Nicht mehr tragbar"

Innenminister Thomas de Maizière

Fehler, die nicht passieren dürfen: Die Opposition kritisiert Innenminister Thomas de Maizière scharf.

(Foto: dpa)
  • Wegen einer unbelegten Aussage zu Krankschreibungen bei Flüchtlingen wird Innenminister de Maizière bei einer Aktuellen Stunde im Bundestag hart angegangen.
  • Die Opposition wirft ihm vor, Ressentiments gegen Flüchtlinge zu schüren. Rücktrittsforderungen werden laut.
  • Doch auch der Koalitionspartner SPD wirft ihm vor: "Sie laufen immer wieder in die gleiche Falle hinein."

Von Nico Fried, Berlin, Berlin

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bleibt wegen seiner Äußerung zu zweifelhaften Attesten von Flüchtlingen unter Druck. In einer aktuellen Stunde des Bundestages verlangte die Opposition am Donnerstag de Maizières Rücktritt.

Aber auch aus den Reihen des Koalitionspartners SPD musste sich der Minister überraschend harte Kritik gefallen lassen, obwohl er seine umstrittene Behauptung aus einem Zeitungsinterview mittlerweile zurückgenommen hat. Der SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci nannte de Maizières Erklärungen "nicht ausreichend".

Der Innenminister hatte sich vergangene Woche zu Problemen bei der Abschiebung von Flüchtlingen ohne Bleiberecht geäußert und dabei auch Ärzte kritisiert, weil zu viele Atteste ausgestellt würden, ohne dass es echte gesundheitliche Abschiebehindernisse gebe. "Es kann nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt werden", so de Maizière.

Nach massiver Kritik der Opposition und aus der Ärzteschaft musste das Innenministerium einräumen, dass die Zahl 70 Prozent keine statistische Grundlage hat. Einen Tag später nahm de Maizière die Zahl zurück und sagte, sie sei lediglich in einem der vielen Gespräche, die er zum Thema Abschiebehindernisse geführt habe, als "Erfahrungswert" genannt worden.

In der Bundestagsdebatte sagte die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, de Maizière sei wegen wiederholter unbelegter Aussagen in der Flüchtlingspolitik "nicht mehr tragbar" und solle zurücktreten. De Maizières Äußerungen seien "dreist" gewesen, ein "Affront gegen die Ärzteschaft und eine Stigmatisierung von Flüchtlingen. "Und das ist Brennstoff für den Hass, der unser Land derzeit verzehrt", sagte die Grünen-Politikerin.

Der Fraktionsvize der Linken, Jan Korte, hielt de Maizière vor, immer wieder nach derselben Methode vorzugehen und Behauptungen aufzustellen, die Nachfragen dann nicht standhielten. Angesichts der aufgeheizten Flüchtlingsdiskussion dürften einem Innenminister solche Fehler nicht passieren. "Sie reden sich jede Woche um Kopf und Kragen", sagte Korte.

De Maizière: Problem grundsätzlich real

Auch der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci kritisierte de Maizière: "Sie laufen immer wieder in diese Falle hinein, dass Sie Dinge behaupten, hinter denen Sie am Ende nicht stehen." Castellucci, Professor an einer Mannheimer Hochschule, sagte, auch seine Studenten müssten für Behauptungen Belege und seriöse Quellen vorlegen. "Herr Minister, das erwarte ich von Ihnen auch." Er verwies auf frühere Äußerungen de Maizières etwa zu Taxifahrten von Flüchtlingen, die er nicht habe belegen können.

Seine Fraktionskollegin Hilde Mattheis warnte: "Wer rechtspopulistische Vorurteile hier bestärkt, unterstützt rechtspopulistische Parteien."

De Maizière räumte ein, er hätte die Zahl "nicht sagen sollen". Zugleich betonte er, die Probleme mit Abschiebungshindernissen seien grundsätzlich "real". Der CDU-Abgeordnete Stephan Harbarth kritisierte die SPD, weil sie den Minister der eigenen Koalition nicht unterstützte.

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