Opel und die Insolvenz:Wellensiek - Retter in Rüsselsheim

Jobst Wellensiek zählt zu Deutschlands bekanntesten Insolvenzverwaltern - bei Opel soll er die Rettung organisieren.

Johannes Boie

Das Merckle-Imperium. Die Märklin-Pleite. Der Cabrio-Hersteller Karmann. Schiesser, Rosenthal, Qimonda - und kein Ende ist abzusehen: Es ist die Zeit der großen Pleiten in Deutschland. Und immer, wenn es wieder ein besonders renommiertes Unternehmen trifft, ist sein Name in der Presse zu lesen: Jobst Wellensiek, 77.

Opel und die Insolvenz: Jobst Wellensiek - ein gefragter Mann. Hier steht er vor der Maxhütte. Als Konkursverwalter versteigerte er im Jahr 2003 das Inventar des insolventen Betriebs.

Jobst Wellensiek - ein gefragter Mann. Hier steht er vor der Maxhütte. Als Konkursverwalter versteigerte er im Jahr 2003 das Inventar des insolventen Betriebs.

(Foto: Foto: dpa)

Er ist einer der profiliertesten Insolvenzverwalter der Bundesrepublik - und hilft jetzt dem Autobauer Opel, wenn dessen Mutterkonzern General Motors in die Insolvenz geht. Wichtig ist ihm, früh dabei zu sein. "Der Beginn eines Insolvenzverfahrens kann mit einer Sprintstrecke verglichen werden. Manchmal muss der Insolvenzverwalter Tag und Nacht durcharbeiten", sagte Wellensiek dem Tagesspiegel.

Am Tisch mit dem Opel-Vorstand

Zehn Standorte hat Wellensieks Kanzlei in Deutschland. Der Hauptsitz ist im baden-württembergischen Heidelberg. Das Büro liegt in der idyllischen Altstadt zwischen Neckar, Hauptbahnhof und Waldgebieten. Von dieser beschaulichen Lage aus steuert der Jurist den Kampf zwischen Leben und Tod zahlreicher Großkonzerne. Über 900 Insolvenzverfahren hat Wellensiek betreut, seit er im Jahr 1960 seine Zulassung als Anwalt erhielt.

Der größte Fall war im Jahr 1996 der Bremer Vulkan mit 28.000 Beschäftigten. Davor hatte Wellensiek schon die Reste der DDR abgewickelt: den Kamerahersteller Pentacon und die Interflug GmbH zum Beispiel. Große Namen, die einst die Wirtschaftslandschaft der Republik prägten, sind unter seinen Projekten: einer davon ist der Stahlhersteller Korf. Wellensiek arbeitet gerne auch branchenübergreifend: Die Sportklubs SV Waldhof Mannheim und SSV Ulm 1846 hat er ebenfalls abgewickelt. Auch sein neuestes Großprojekt verdient ganze Aufmerksamkeit: Opel.

Wellensiek sitzt längst beim Opel-Vorstand mit am Tisch. Wenn die Insolvenz kommt, wird der Konzern aller Vorraussicht nach in seine Hände gelegt. Seine Erfahrung ist legendär - und gut bezahlt. "Das Honorar kann schon mehrere hunderttausend Euro betragen", sagte Wellensiek im Interview.

Wenn Wellensiek eine Insolvenz nicht selber verwaltet, wird er von der Presse gerne als Experte befragt oder von seiner eigenen Branche um Hilfe gebeten. Den Fall des Cabrio-Herstellers Karmann, in dem Ottmar Hermann als Insolvenzbetreuer agierte, kontrollierte Wellensiek als Aufsichtsrat. Sollte Wellensiek bei einer größeren Insolvenz nicht um Hilfe gebeten werden, ist das auch eine Zeile wert: "Bisherige Kandidaten, darunter ein Vertreter der Kanzlei Wellensiek, wurden von der Familie abgelehnt", notierte zum Beispiel das Handelsblatt verwundert im Februar. Da hatte das Merckle-Imperium den Profi nicht gewollt.

Zahlreiche Auszeichnungen

Knappe zwanzig Kilometer von seinem heutigen Arbeitsplatz wurde Wellensiek 1931 geboren. In Mannheim wuchs er auf, ehe er in Heidelberg und München Jura studierte. Noch vor der Promotion bekam er seine Zulassung. Wellensiek gründete die gleichnamige Kanzlei. Heute ist er Senior-Sozius in der Kanzlei mit vielen Partnern.

Seine Auszeichnungen und Mitgliedschaften sind ebenso wie seine Publikationen kaum mehr zu überblicken: Vorstand in der Rechtsanwaltskammer, Mitglied des Rechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins, Ehrenvorsitzender eines Anwaltvereins, Ehrensenator der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Mitglied und ehemaliger Präsident des Rotary-Clubs, Bundesverdienstkreuz-, Staats- und Bürgermedaillenträger, Herausgeber einer Fachzeitschrift.

Wellensiek ist ein Stammmitglied des Gravenbrucher Kreises, einer hochkarätigen Vereinigung von Insolvenzverwaltern, die sich zwei bis drei Mal im Jahr trifft. Junge Anwälte träumen davon, in diesem Zirkel Mitglied zu werden.

Auf Wellensiek angesprochen, sagt der Sprecher des Kreises, Frank Kebekus, man sei "sehr, sehr glücklich", den Heidelberger in der Gruppe dabei zu haben. Die vielen Erfolge von Wellensiek erklärt Kebekus mit dessen langjähriger Erfahrung und seiner einfühlsamen Art: "Er hat einen sehr verbindlichen, moderaten Stil."

Verbindlich, moderat: Auf solche Eigenschaften können sie im Kanzleramt nur hoffen.

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