Olympischer Fackellauf:Das Feuer erreicht Tibet

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen ist das olympische Feuer durch die tibetische Hauptstadt Lhasa getragen worden. Der Fackellauf wurde von Exiltibetern heftig kritisiert.

Begleitet von einem großen Polizeiaufgebot ist das Olympische Feuer durch die tibetische Hauptstadt Lhasa getragen worden. Der elf Kilometer lange Fackellauf führte vom Norbulingka-Palast, der einstigen Sommerresidenz des Dalai Lama, zum historischen Sitz der tibetischen Regierung, dem hochgelegenen Potala-Palast. Entlang der gesamten Strecke waren Polizisten und Soldaten positioniert, Zwischenfälle wurden nicht gemeldet.

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Die olympische Flamme erreicht die tibetische Hauptstadt Lhasa.

(Foto: Foto: Reuters)

Die ausgewählten Zuschauer schwenkten Fahnen und riefen "China". Etwa die Hälfte der 156 Läufer stammte aus Tibet, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.

Tibet-Aktivisten hatten den Stopp der Olympischen Flamme in Lhasa kritisiert und der chinesischen Regierung vorgeworfen, sie wolle damit demonstrativ ihre Herrschaft über die Himalaya-Region zur Schau stellen.

Reporter mussten im Konvoi reisen und durften nur über den Beginn und das Ende des Laufs berichten. Der Kontakt mit Bewohnern der Stadt war ihnen untersagt. Den Veranstaltern zufolge dauerte der Fackellauf in Tibet nur einen Tag, weil nachträglich die Provinz Sichuan einbezogen wurde.

Diese war Schauplatz des schweren Erdbebens vom 12. Mai, dem fast 70.000 Menschen zum Opfer fielen. Ursprünglich waren für die Staffel in Tibet drei Tage vorgesehen.

"Provokative Entscheidung"

Die in New York ansässige Menschenrechtsorganisation Human Rights in China kritisierte den Fackellauf durch Lhasa heftig. Die chinesische Regierung habe damit mit dem Segen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) eine "provokative Entscheidung" getroffen, die die Spannungen in Tibet weiter verschärfen könne, erklärte die Leiterin der Organisation, Sharon Hom, vor dem Fackellauf. Der Lauf untergrabe den Dialog mit dem Dalai Lama.

Die chinesischen Behörden hatten vor der Ankunft der Olympischen Flamme in Lhasa mehr als 1000 Beteiligte an den anti-chinesischen Protesten in Tibet Mitte März freigelassen. Insgesamt seien 1157 Demonstranten wieder auf freiem Fuß, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Freitag unter Berufung auf den tibetischen Vizepräsidenten Palma Trily. Die Freigelassenen seien wegen kleinerer Straftaten im Zusammenhang mit den gewaltsamen Protesten in Haft gewesen.

Wegen ihrer Beteiligung an den Ausschreitungen in der autonomen Region seien am Donnerstag und Freitag zudem zwölf Menschen verurteilt worden, sagte Trily demnach weiter, ohne die Höhe der Strafen zu nennen. Den Angaben zufolge wurden bisher insgesamt 42 mutmaßliche Teilnehmer an den Ausschreitungen gerichtlich bestraft.

Weitere 116 Demonstranten seien noch im Gefängnis und warteten auf ihre Prozesse. Im April hatten chinesische Behörden im Zusammenhang mit den Protesten 30 Menschen zu Gefängnisstrafen zwischen drei Jahren und lebenslang verurteilt.

Der Fackellauf anlässlich der Olympischen Spiele in Peking war Ende März in der chinesischen Hauptstadt gestartet und wurde vor allem im westlichen Ausland von teilweise heftigen Protesten gegen die Tibet-Politik Pekings begleitet.

Im März waren bei der Niederschlagung anti-chinesischer Proteste in der Region nach Angaben von Exiltibetern 203 Menschen ums Leben gekommen. Die chinesische Regierung spricht von etwa zwanzig Toten und wirft den Tibetern vor, mit ihren Protesten die Olympischen Spiele torpedieren zu wollen.

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