Olympia-Absage:Merkel soll über Gauck verärgert sein

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Alle Infos immer nur aus den Medien: Kanzlerin Merkel soll über die Entscheidung von Bundespräsident Gauck, nicht zu den Olympischen Winterspielen nach Sotschi zu reisen, verärgert sein. UN-Botschafter Willi Lemke warnt vor einer Politisierung der Spiele.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist einem Spiegel-Bericht zufolge verärgert über die Entscheidung von Bundespräsident Joachim Gauck, nicht zu den Olympischen Winterspielen nach Russland zu reisen. Der Grund dafür sei, dass die Leitungsebene des Kanzleramtes Gaucks Entscheidung aus den Medien erfahren habe, zitierte das Magazin am Wochenende vorab aus der Umgebung Merkels. Aus dem Präsidialamt heiße es dagegen, das Kanzleramt sei informiert worden, bevor die Absage öffentlich worden sei.

Auch die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet über Kritik im Kanzleramt am Vorgehen Gaucks. Das Bundespräsidialamt habe das Kanzleramt nicht informiert, andernfalls hätte man dem Bundespräsidenten von diesem Schritt abgeraten. Gauck - so die Einschätzung - fördere eine Polarisierung in den deutsch-russischen Beziehungen.

Die Kanzlerin halte es zudem für falsch, dass der Bundespräsident zugelassen habe, dass seine Absage als politisches Signal eines Boykotts gewertet werdw. Das desavouiere die russische Regierung. Das Bundespräsidialamt hatte am vergangenen Wochenende bestätigt, dass Gauck im Februar nicht zu den Winterspielen nach Sotschi reist. Zu Spekulationen, wonach diese Entscheidung als Boykott zu verstehen sei, nahm seine Sprecherin nicht Stellung. Russische Medien werteten Gaucks Ankündigung als Boykott.

Unterdessen äußerte sich auch Willi Lemke, UN-Sonderberater Sport für Entwicklung und Frieden, zu der Thematik: Er hält einen Boykott der Olympischen Winterspiele für eine falsche Entscheidung. "Wer sagt, man darf bei Olympia in Sotschi nicht antreten, weil in Russland ein Gesetz gegen Menschen mit homosexueller Orientierung beschlossen wurde, den frage ich: Habt Ihr nichts gelernt aus dem misslungenen Olympiaboykott gegen Moskau und der Revanche in Los Angeles?", sagte Lemke dem Berliner Tagesspiegel (Sonntagsausgabe).

Gaucks Entscheidung sieht Lemke jedoch nicht als Boykott: "Das ist eine Absage, aber noch nicht mit einem Boykott gleichzusetzen, denn er rief nicht öffentlich auf, seinem Beispiel zu folgen." Lemke warnte davor, die Olympischen Spiele zu politisieren: "Man kann nicht zulasten des Sports politische Konflikte austragen. Es ist doch viel besser, wenn Obama mit Putin redet." Es gebe außerdem Konflikte, "in denen der Sport besser, proaktiver und direkter genutzt werden kann als in diesem Fall."

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