Ex-Premier in der Offensive:Berlusconi will nach Urteil Italiens Justiz umkrempeln

Demonstrationen gegen seinen Nachfolger und das Gerichtsurteil gegen ihn selbst stacheln Silvio Berlusconi an: Italiens Ex-Premier verkündet im Fernsehen nun seine Zukunftspläne. Der 76-Jährige will trotz seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs in der Politik bleiben. Sein Ziel: Der Umbau des Justizsystems.

File photo of then Italian Prime Minister Berlusconi leading a news conference at Villa Madama in Rome

Foto aus vergangenen Tagen: Silvio Berlusconi als Ministerpräsident Italiens im April 2011

(Foto: REUTERS)

Markige Sprüche für knallige Schlagzeilen fabrizierte Silvio Berlusconi gerne, als er noch Ministerpräsident Italiens war. Auch jetzt, nach seiner Demission und Verurteilung wegen Steuerbetrugs denkt der schwerreiche Medienmogul nicht daran, leisere Töne anzuschlagen. Demonstrativ kündigte der Mann, der sich mal "Cavaliere" (Ritter), mal Kaiman nennen lässt an, was er als Nächstes zu tun gedenkt: weiter große Politik machen.

Berlusconis konkretes Projekt lautet: Das System umzubauen, das ihn seiner Meinung nach so schändlich behandelt. "Ich fühle mich verpflichtet, dabei zu bleiben, um das Justizwesen zu reformieren", verkündete der 76-jährige Tycoon in einem seiner Fernsehsender. Damit wolle er sicherstellen, dass anderen Bürgern nicht das gleiche passiere wie ihm. Einige Bürger hätten "nicht begriffen, was mir geschehen ist", sagte er TG5 und fügte mit drohendem Unterton hinzu: Das Urteil werde "Konsequenzen" haben.

Ein Gericht in Mailand hatte Berlusconi am Freitag zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt. Anschließend reduzierte das Gericht die Strafe wegen einer Regelung zum Straferlass aus dem Jahr 2006 auf ein Jahr. In dem Prozess ging es um Preismanipulationen in Berlusconis Konzern Mediaset.

Wut auf "politisierte" Richter

Berlusconi wurde außerdem für die Dauer von fünf Jahren die Ausübung öffentlicher Ämter untersagt. Die Anwälte des Ex-Ministerpräsidenten kündigten unmittelbar nach dem Urteilsspruch an, in Berufung zu gehen. Berlusconi hatte das Urteil wegen Steuerbetrugs als Ergebnis "politisierter" Richter bezeichnet, die Italien unbewohnbar gemacht hätten. Schon in seiner Regierungszeit hatte er die zahlreichen Verfahren gegen ihn und seine Entourage als politisch motiviert bezeichnet.

Erst am Mittwoch hatte Berlusconi gesagt, er werde auf eine Kandidatur für das Amt des Regierungschefs bei der für Frühjahr 2013 geplanten Parlamentswahl verzichten. Er hatte allerdings nicht gesagt, ob dies zugleich ein Ende seiner politischen Karriere bedeuten soll. Berlusconi war bereits 1997 und 1998 jeweils in erster Instanz zu insgesamt sechs Jahren und fünf Monaten Gefängnis verurteilt worden. Doch in folgenden Instanzen wurde er freigesprochen oder profitierte vom Ablauf der Verjährungsfristen.

Demonstrationen gegen Berlusconis Nachfolger Monti

Berlusconi rechnet sich auch Chancen beim Wahlvolk aus, weil die Regierung seines Amtsnachfolgers Mario Monti umstritten ist. Am Tag von Berlusconis Rückkehr-Ankündigung demonstrierten Zehntausende in Rom gegen den harten Spar- und Reformkurs der aktuellen Regierung. Unter dem Motto "Vereint mit einem rebellierenden Europa - jagen wir die Regierung Monti davon" wandten sie sich gegen die Politik des früheren EU-Kommissars.

Dieser hatte dem Land Steuererhöhungen, Ausgabenkürzungen und eine Renten- und Arbeitsmarktreform verordnet. Linke Gewerkschafter, Lehrer und Studenten sowie andere politische Aktivisten, regierungsunabhängige Organisationen und Kommunisten hatten zum "No-Monti-Day" in der Hauptstadt aufgerufen. Auch Behinderte und Erdbebenopfer, sie sich benachteiligt fühlen, reihten sich ein, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Im Gegensatz zu Protesten in Spanien und Griechenland sind Anti-Spar-Kundgebungen in Italien bisher nicht in Gewalt ausgeartet.

Die römische Polizei hatte sich jedoch darauf vorbereitet, dass diesmal auch gewaltbereite Autonome anreisen könnten. Für den Zug der Zehntausenden vom Repubblica-Platz zu der Piazza San Giovanni waren deshalb starke Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden.

Vor einem Jahr hatte es bei einer ähnlichen nationalen Kundgebung in Rom schwere Auseinandersetzungen Hunderter Demonstranten mit der Polizei gegeben. Viele Demonstrantengruppen waren die gleichen wie heute, nur der Regierungschef trug einen anderen Namen: Silvio Berlusconi.

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