Österreichs Regierungschef in Berlin:Kurz: EU-Außengrenzen besser schützen

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Bei seinem Antrittsbesuch lehnt Sebastian Kurz die Umverteilung von Flüchtlingen strikt ab. Bundeskanzlerin Merkel dagegen pocht auf "europäische Solidarität".

Von Mike Szymanski, Berlin

Beim Antrittsbesuch des österreichischen Kanzlers Sebastian Kurz am Mittwoch in Berlin sind Differenzen in zentralen Fragen der Europa- und der Flüchtlingspolitik offen zutage getreten. Der 31-jährige Regierungschef der neuen Mitte-rechts-Regierung in Wien stellte sich bei der Umverteilung von Flüchtlingen in der EU nach Quoten hinter Länder wie Polen oder Ungarn, die ein solches Vorgehen ablehnen. Aus seiner Sicht werde die Lösung der Migrationsfrage nicht "über die Verteilung gelingen", sondern durch Hilfe vor Ort und einen besseren Schutz der Außengrenzen, der laut Kurz noch immer nicht ausreichend funktioniere.

Nicht Schlepper dürften entscheiden, wer in die EU komme, sondern Staaten müssen dies tun, sagte Kurz. Merkel hielt Kurz das von ihr maßgeblich ausgehandelte Flüchtlingsabkommen mit der Türkei als Beispiel eben dieser geforderten Politik entgegen. Wenn allerdings der Schutz der Außengrenze nicht ausreichend funktioniere, "dann kann es nicht sein, dass es Länder gibt, die sagen, an einer europäischen Solidarität beteiligen wir uns nicht", sagte Merkel. Dies halte sie für falsch.

Vor allem die Flüchtlingspolitik hatte seit 2015 zu erheblichen Spannungen zwischen Wien und Berlin geführt. Sebastian Kurz gehörte in seiner damaligen Funktion als Außenminister bereits zu den Kritikern von Merkels Politik der offenen Grenzen in der Hochphase der Flüchtlingskrise. Seither hat zwar auch Merkel Schritt für Schritt die Asylpolitik verschärft. Bei den Sondierungen über eine Neuauflage der großen Koalition hat sich die CSU mit einer Obergrenze für den Zuzug durchgesetzt. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte Kurz: "Die deutsche Position ist inzwischen deutlich näher an unserer als noch vor zwei Jahren." Die unterschiedlichen Auffassungen darüber, was die EU-Länder bereit sein sollten zu leisten, seien jedoch geblieben.

Mit Blick auf die Verhandlungen über das EU-Budget vereinbarten Merkel und Kurz enge Absprachen mit allen anderen Nettozahlern. Der österreichische Kanzler plädierte dafür, "sparsamer zu werden, bevor man die Frage stellt, wie viel die Nettozahler mehr einzahlen können", nur weil Großbritannien aus der EU austrete. Merkel dagegen zeigte sich offensiver. Sie könne sich gut vorstellen, neue Aufgaben wie den Außengrenzschutz stärker in den Fokus zu nehmen. Innerhalb der Euro-Zone sei sie bereit, "zusätzliche Mittel in begrenztem Umfang" zu investieren, allerdings nur, wenn dies mit Reformen verbunden sei. Im Unterschied zu Kurz, der sich in dem Zeitungsinterview gegen die Einführung eines europäischen Finanzministeriums aussprach - ein solches brauche es seiner Meinung nach nicht - äußerte Merkel zwar Skepsis, legte sich aber nicht fest.

Kurz steht seit Dezember an der Spitze einer Regierung seiner konservativen ÖVP und der rechtspopulistischen FPÖ. Merkel sagte, die Bundesregierung werde die neue Regierung an ihren Taten messen. In der zweiten Jahreshälfte übernimmt Österreich die EU-Ratspräsidentschaft. Kurz sagte, sein Ziel sei es, eine EU zu schaffen, in der die Spannungen "wieder weniger werden und nicht mehr".

© SZ vom 18.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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