Österreichs Kanzler:Kurz: Nicht jeden aufnehmen, der es illegal in die EU schafft

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Sebastian Kurz, 31: Der ÖVP-Politiker ist seit 18. Dezember Bundeskanzler in Österreich. (Foto: dpa)
  • Österreichs neuer Bundeskanzler hält die bisherige Flüchtlingspolitik der EU für falsch.
  • In einem BamS-Interview sagte Sebastian Kurz: "Staaten zur Aufnahme von Flüchtlingen zu zwingen, bringt Europa nicht weiter."
  • Die Grenzen zwischen Asyl und Wirtschaftsmigration sind seiner Ansicht nach derzeit vollkommen verschwommen.

Die Verteilung von Migranten in der EU nach festen Quoten ist aus Sicht des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz ein Irrweg. "Staaten zur Aufnahme von Flüchtlingen zu zwingen, bringt Europa nicht weiter", sagte der 31-jährige konservative Politiker der Bild am Sonntag. "Wenn wir diesen Weg fortsetzen, spalten wir die Europäische Union nur noch weiter. Die Mitgliedstaaten sollten selbst entscheiden, ob und wie viele Menschen sie aufnehmen."

Die Diskussion über eine Quote sei ohnehin weitgehend sinnlos, sagte er. "Denn die Migranten, die sich auf den Weg nach Europa machen, wollen nicht nach Bulgarien oder Ungarn. Sie wollen vor allem nach Deutschland, Österreich oder Schweden." Neben Bulgarien und Ungarn wollen auch Tschechien und Polen keine Flüchtlinge aufnehmen. Zurzeit beantragen laut Eurostat 60 Prozent aller Migranten, die in die EU kommen, Asyl in Deutschland.

Kurz fordert Hilfe für Menschen in Herkunftsländern

Kurz sagte, die Fehlentwicklungen in der EU-Flüchtlings- und Migrationspolitik gehörten dringend korrigiert. "Die Grenzen zwischen Asyl und Wirtschaftsmigration sind derzeit vollkommen verschwommen." Es gehe darum, den Menschen in ihren Herkunftsländern zu helfen. Wenn das nicht möglich sei, in den Nachbarstaaten. "Wenn auch das nicht möglich ist, dann auf ihrem Kontinent in sicheren Gebieten. Diese sollte die EU unterstützen, vielleicht sogar organisieren und militärisch sichern."

Erst in einem letzten Schritt könne vor Ort ausgewählt werden, wer nach Europa kommen dürfe, sagte er. "Aber wir können nicht länger jeden aufnehmen, der es mit Hilfe eines Schleppers illegal in die EU schafft." Der politische Wille, diese Linie zu unterstützen, sei vorhanden, meinte Kurz. "Es gibt mittlerweile überall ein Bewusstsein dafür, dass der Weg, der 2015 eingeschlagen wurde, falsch war", sagte Kurz. Jetzt müsse aus dem Bewusstsein nur noch konkrete Politik werden.

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