Österreichs Ex-Kanzler Schüssel:Karriereende mit Nachspiel

Österreichs früherer Bundeskanzler zieht sich aus dem politischen Geschäft zurück - die Justiz wird er wohl trotzdem noch einige Zeit beschäftigen: Wolfgang Schüssel hat angekündigt, sein Mandat als Abgeordneter des Nationalrats schon in wenigen Tagen niederzulegen. Hintergrund sind zahlreiche Korruptionsskandale.

Cathrin Kahlweit

Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat am Montag in Wien angekündigt, sein Abgeordnetenmandat zum Ende dieser Woche niederzulegen. Diese Nachricht klingt auf den ersten Blick wenig dramatisch, denn Schüssel war zuletzt nur noch ÖVP-Abgeordneter im Nationalrat. Allerdings ist der Ex-Kanzler in einer durchaus dramatischen Lage, denn sein Name war zuletzt immer wieder im Zusammenhang mit zahlreichen Korruptionsskandalen gefallen, in die Mitglieder seiner konservativen Partei verwickelt gewesen sein sollen.

Der Christdemokrat hatte lange als starker Mann der österreichischen Volkspartei gegolten und durch seine Koalition mit der rechtsextremen FPÖ unter Jörg Haider zur Jahrtausendwende für Schlagzeilen weit über das Land hinaus gesorgt. Er wolle aber nun, wie er auf einer Pressekonferenz in Wien sagte, der Aufklärung der Skandale, die in seine Regierungszeit 2000 bis 2007 fallen, nicht im Wege stehen und mit seinem Rückzug dazu beitragen, eine "objektive, von jeder politischen Beeinflussung oder medialen Vorverurteilung unabhängige Aufklärung durch die Justiz zu erleichtern".

Österreich rätselt

Der einstige Parteivorsitzende bezieht sich dabei unter anderem auf den sogenannten Telekom-Skandal. Danach soll die Telekom Austria - als Gegenleistung für eine Telekom-freundliche Verordnung - den einstigen Infrastrukturminister Hubert Gorbach bestochen haben. Das Unternehmen soll 2004 mit einer Viertelmillion Euro eine Sekretärin finanziert haben, die auch nach dem Ausscheiden des Ministers für diesen arbeitete; das Geld soll über den Lobbyisten Peter Hochegger ausgezahlt worden sein. Gegen den wird seit langem unter anderem im Buwog-Skandal um den Verkauf bundeseigener Wohnungen ermittelt.

In dem Zusammenhang tauchten dann 2008 ungeklärte Scheinrechnungen und Belege für Provisionszahlungen an Hochegger und seinen Geschäftspartner Walter Meischberger durch die Telekom und deren einstigen Finanzvorstand Gernot Schieszler auf. Bei einer Hausdurchsuchung in Schieszlers Wohnung fand die Polizei damals offenbar eine Liste mit Namen von Politikern, an die Geld geflossen war. Das Nachrichtenmagazin Falter zitiert dazu einen Insider der Telekom Austria: "In der schwarz-blauen Ära war es nicht so, dass wir als Firmen den Politikern Geld angeboten hätten, sondern die Politiker sind zu uns gekommen und haben Geld gefordert."

Österreich rätselt derzeit auch über andere Aktivitäten von Mitgliedern des Schüssel-Kabinetts, insbesondere von Ex-Innenminister Ernst Strasser, der in den so genannten Behördenfunk-Skandal verwickelt ist. Ein schon vergebener Auftrag war 2003 laut Nachrichtenmagazin Profil plötzlich storniert worden - ein zweites Konsortium aus Motorola, Alcatel und der Telekom kam zum Zug. Laut Telekom-Mann Schieszler soll der Rüstungslobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly 3,7 Millionen Euro Provision dafür erhalten haben, weil er bei Strasser intervenierte; eine Million davon soll von der Telekom gekommen sein.

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