Österreich:Van der Bellen wird Präsident

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Überraschend klar gewinnt der ehemalige Grünen-Chef die Wahl in Österreich. Sein Kontrahent, der FPÖ-Politiker Norbert Hofer, gesteht "unendlich traurig" seine Niederlage ein.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich ist ein Erfolg der Rechtspopulisten ausgeblieben. Laut dem Ergebnis ohne Briefwahl-Stimmen lag der ehemalige Grünen-Vorsitzende Alexander Van der Bellen überraschend deutlich vorn. Er erzielte 51,7 Prozent der Stimmen, sein Gegenkandidat Norbert Hofer von der FPÖ holte 48,3 Prozent. Damit lag Van der Bellen uneinholbar vorne. Es wurde erwartet, dass die Briefwahl-Stimmen seinen Vorsprung noch vergrößern. Van der Bellen zeigte sich von dem klaren Ergebnis überrascht. Dieses sende auch ein Signal an die Hauptstädte Europas, sagte der Wirtschaftsprofessor am Abend im ORF: "Man kann Wahlen gewinnen mit proeuropäischen Positionen." Er werde als Staatsoberhaupt die dringendsten Probleme des Landes anmahnen, insbesondere die hohe Arbeitslosigkeit. Hofer gestand seine Niederlage ein. "Ich bin unendlich traurig, dass es nicht geklappt hat. Ich hätte gerne auf unser Österreich aufgepasst", schrieb Hofer auf Facebook. Er gratulierte Van der Bellen zu dessen Sieg und rief seine Anhänger dazu auf, den Ausgang der Wahl zu akzeptieren. FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache schloss sich diesen Worten zwar an, machte für die Niederlage aber eine "massive Angstkampagne" der etablierten politischen Kräfte in Österreich verantwortlich.

"Das System hat sich hier noch einmal knapp durchgesetzt", sagte Strache im ORF. Hofer sagte, er wolle bei der nächsten Präsidentenwahl 2022 wieder antreten. Nach der Analyse von Meinungsforschern des Sora-Instituts haben vor allem diejenigen Österreicher Hofer gewählt, die pessimistisch und ängstlich in die Zukunft blicken. Die Wähler Van der Bellens sind eher optimistisch gestimmt. Unter den Bürgern mit Abitur oder Hochschulausbildung fand der Grüne demnach eine überwältigende Unterstützung von etwa 80 Prozent, bei denen mit niedrigerem oder ohne Bildungsabschluss favorisierten die meisten den FPÖ-Kandidaten. Van der Bellen hatte die erste Stichwahl im Mai gewonnen, die Abstimmung musste jedoch aufgrund einer Entscheidung des Verfassungsgerichts erneut stattfinden. Die FPÖ hatte die Wahl angefochten. Die Wahlbeteiligung lag diesmal höher als im vergangenen Mai, was auf eine starke Mobilisierung hindeutete. Der Wahlkampf hatte mehr als 300 Tage gedauert - von der Bekanntgabe der ersten Kandidatur bis zum zweiten Stichwahl-Termin. Fast 6,4 Millionen Wahlberechtigte waren zu den Urnen gerufen, darunter viele Neuwähler. FPÖ-Chef Strache sagte mit Blick auf die Anfechtung der Stichwahl, es gebe "jetzt sicherlich keine Beanstandungen". Es sei aber "gut und richtig" gewesen, die Wahl zu wiederholen.

"Man kann Wahlen gewinnen mit proeuropäischen Positionen": Alexander Van der Bellen. (Foto: Alex Halada/AFP)

Die Zahl der Anträge auf Briefwahlunterlagen war im Vergleich zum Mai um etwa 20 Prozent gesunken. Damals hatte Van der Bellen am Wahlabend hinten gelegen, war aber nach Auszählung der Briefwahlkarten noch an Hofer vorbeigezogen. Internationale Medien hatten die Wahl zuvor intensiv verfolgt, am Sonntag waren 750 Journalisten aus aller Welt in der Wiener Hofburg akkreditiert.

© SZ vom 05.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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