Österreich:Rot-Blau im Burgenland

Erst wollten sie nichts mit den Rechtspopulisten zu tun haben, jetzt bilden die Sozialdemokraten eine Koalition mit der FPÖ.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Nur fünf Tage nach der Landtagswahl im Burgenland haben SPÖ und FPÖ am Freitag die Bildung einer rot-blauen Koalition verkündet. Landeshauptmann Hans Niessl und der burgenländische FPÖ-Chef Johann Tschürtz verkündeten am Freitag, sie hätten "hervorragend" verhandelt. Die rechtspopulistische FPÖ hatte im Burgenland ihren Stimmanteil auf 15 Prozent verdoppelt, die sozialdemokratische SPÖ, die bisher mit der ÖVP regiert hatte, ist mit 42 Prozent stärkste Partei geblieben, verlor aber sechs Prozentpunkte. FPÖ-Landeschef Tschürtz wird künftig für Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung zuständig sein.

Den Beschluss der SPÖ, eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten einzugehen, hatte Niessl damit verteidigt, dass die FPÖ prozentual die meisten Stimmen hinzugewonnen habe, daher sei es aus "demokratiepolitischen Gründen klar" gewesen, dass die FPÖ in der Regierung vertreten sei. Zwar hätte die zweitplatzierte ÖVP mit knapp 30 Prozent aus demokratiepolitischen Gründen womöglich mehr Grund gehabt, sich in einer Regierung zu sehen; die burgenländische SPÖ hatte aber offenbar einen Präzedenzfall schaffen wollen, indem sie nun mit einer Partei koaliert, mit der die Sozialdemokratie bisher qua Parteitagsbeschluss jede Zusammenarbeit ausgeschlossen hatte. Bundeskanzler Werner Faymann (ebenfalls SPÖ) hatte darauf verwiesen, dass er den Bundesländern in Koalitionsfragen keine Vorgaben mache.

Niessl sagte, er habe in den sozialen Netzwerken sehr viel Zustimmung für seinen Beschluss bekommen. Allerdings haben viele Sozialdemokraten auch Abwehr gegen eine Zusammenarbeit mit jener Partei signalisiert, die vor allem mit ihrer ausländerfeindlichen Haltung punktet. Auch in der benachbarten Steiermark, wo am Sonntag ebenfalls Landtagswahlen stattfanden und die Rechtspopulisten sogar auf 27 Prozent zulegen konnten, hat nun eine Debatte darüber begonnen, ob das langjährige Tabu, mit der FPÖ zu koalieren, noch Geltung haben könne. Landeshauptmann Franz Voves hatte eine solche Lösung ausgeschlossen. "Ich verweigere mich einer Zusammenarbeit mit gerichtlich verurteilten Wiederbetätigern und Hetzern", sagte er.

Die Zeitung Der Standard meldete allerdings, dass Teile der steirischen SPÖ ein "Ende der Ausgrenzungspolitik" forderten. Noch weiter geht der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer. Er übernahm die Diktion der FPÖ und warnte in einem Interview "vor Ausländern, die das demokratische System unterhöhlen" und "unseren Staat nur ausnützen".

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