Österreich:Präsident fordert FPÖ-Politiker wegen Nazi-Liedern zum Rücktritt auf

Udo Landbauer

Der 31-jährige Landbauer ist Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl in Niederösterreich.

(Foto: dpa)
  • In Niederösterreich wird am Sonntag ein neuer Landtag gewählt.
  • Der Spitzenkandidat der FPÖ, Udo Landbauer, ist dabei in eine Affäre um antisemitisches Liedgut geraten.
  • Der österreichische Präsident Van der Bellen hat Landbauer zum Rücktritt aufgefordert.

Die Affäre um antisemitische Lieder hat die rechtspopulistische FPÖ bei der Landtagswahl in Niederösterreich unter massiven Druck gesetzt: Bundespräsident Alexander Van der Bellen legte am Samstag dem dortigen FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer den Rücktritt nahe. Die niederösterreichische Regierungschefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) schloss eine Zusammenarbeit mit Landbauer nach der Wahl aus.

Van der Bellen sprach mit Blick auf das Liederbuch von Landbauers Burschenschaft von einem "Lächerlichmachen der Vergasung von Millionen Juden in Auschwitz", das nicht hinzunehmen sei. Sollte Landbauer nicht zurücktreten, hätte die FPÖ ein Problem, befand der Bundespräsident im ORF.

ÖVP-Kandidatin schließt Zusammenarbeit mit Landbauer aus

Die niederösterreichische Landeshauptfrau Mikl-Leitner kritisierte mit Blick auf das Liederbuch einen "sorglosen Umgang mit Antisemitismus und unserer Geschichte", der dem Ruf des Bundeslands schade. Sie schloss eine Regierungszusammenarbeit mit Landbauer nach der Wahl am Sonntag aus. In Wien bilden ÖVP und FPÖ seit kurzem eine Koalition unter Führung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Der 31-jährige Landbauer ist Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl am in Niederösterreich. Auf Rücktrittsforderungen lässt er sich nicht ein und behauptet, dass er nichts von diesen Liedern gewusst habe, obwohl er als stellvertretender Vorsitzender der Burschenschaft "Germania zu Wiener Neustadt" agierte. Er kenne das Liedbuch "nur mit herausgerissenen Seiten und geschwärzten Stellen", gibt er an und fügt zur Bekräftigung hinzu, er sei "nie ein guter Sänger" gewesen. Das fragliche Buch von Landbauers Burschenschaft enthält judenfeindliche und volksverhetzende Lieder.

Landbauer will nun seine Mitgliedschaft bei der Burschenschaft ruhen lassen. Ins Wahlkampffinale zieht er mit dem neuen Motto: "Jetzt erst recht." Auch dieser Spruch allerdings ist eher rückwärtsgewandt. Damit hatte 1986 schon Kurt Waldheim geworben, als ihm im Präsidentschaftswahlkampf seine Verstrickungen in der NS-Zeit vorgehalten wurden.

Bundeskanzler Kurz (ÖVP) betonte am Samstag anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktags die besondere historische Verantwortung seines Landes. Kurz schrieb bei Twitter, dass "Österreicher auch Täter und somit an den grausamen Verbrechen der Shoah beteiligt" gewesen seien.

Österreich verweigerte Mitverantwortung in der NS-Zeit

Der Gedenktag mahne, wie wichtig es sei, den Holocaust niemals zu vergessen, schrieb Kurz. Die besondere historische Verantwortung treffe alle, die neue österreichische Bundesregierung bekenne sich zu dieser Verantwortung.

Österreich hatte sich jahrzehntelang geweigert, Mitverantwortung für die Grausamkeiten des NS-Regimes zu tragen. Das Land wurde seit Kriegsende völkerrechtlich als Opfer des Nationalsozialismus behandelt. Erst seit Ende der 1980er Jahre bekennt Wien sich zu einer moralischen Verantwortung für die NS-Zeit.

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