Österreich:Neue Freunde

Er wollte die Botschaft schon vor Trump nach Jerusalem verlegen: Hans-Christian Strache inszeniert seine Liebe zu Israel, um die rechte FPÖ salonfähiger zu machen. Dumm nur, dass nicht alle Parteifreunde die neue Linie kennen.

Von Peter Münch

Es ist nicht lange her, da marschierte der FPÖ-Vorsitzende Heinz-Christian Strache noch mit der Kappe seiner deutschnationalen Burschenschaft durch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Antisemitische Entgleisungen seiner Parteifreunde sind Legion und erst kürzlich stolperte ein FPÖ-Mitglied beim Einzug in den Bundesrat, weil er den rechten Arm zu weit nach oben reckte. Doch plötzlich geht Strache nur wenig über die Freundschaft zu Israel. Während die Welt von der Ankündigung Donald Trumps alarmiert ist, Jerusalem als Israels Hauptstadt anzuerkennen, plädiert der künftige Vizekanzler dafür, auch Österreichs Botschaft dort anzusiedeln.

Strache kann sogar beweisen, dass er nicht nur Trittbrettfahrer ist: Die Presse veröffentlichte einen von ihm bereits im Juni an Israels Premier Benjamin Netanjahu geschriebenen Brief. In ihm verspricht er, "alles in meiner Macht Stehende zu tun, um die österreichische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen".

Psychologisch könnte man das als klassischen Fall von Überkompensation deuten. Politisch aber verfolgt Strache ein klares Kalkül: Der Schulterschluss mit Israel, das 2000 wegen der FPÖ-Regierungsbeteiligung noch den Botschafter aus Wien abzog, soll die Partei weniger angreifbar machen. Erleichtert wird das durch das gemeinsame Feindbild des Islamismus. Nur hat sich der neue Kurs noch nicht in der Partei herumgesprochen: Selbst die von Strache als Außenministerin nominierte parteilose Karin Kneissl gilt als Israel-kritisch. Den Zionismus hat sie mal "Blut- und Bodenideologie" bezeichnet.

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: