Österreich:Ein mächtiger Mann und viele Geschenke

450 years Spanische Hofreitschule

Österreicher Dauerbrenner: ÖVP-Größe Erwin Pröll (links) besucht mit seiner Frau Elisabeth einen Empfang der Spanischen Hofreitschule in Wien.

(Foto: Chris Hofer/Getty Images)

Erwin Pröll, die graue Eminenz der ÖVP, tritt zurück. Und muss sich für seine Privatstiftung erklären.

Von Oliver Das Gupta

Erwin Pröll ist ein Mann, der auch unter Druck nicht vergisst, was viele Wähler schätzen: Jovialität. Am Dienstag erst hat Pröll seinen Rücktritt als Landeshauptmann von Niederösterreich angekündigt, nach 25 Jahren. Es war kein glorreicher Rückzug, der mächtige ÖVP-Politiker steht wegen einer Finanz-Affäre um seine Privatstiftung in der Kritik. Doch schon am Mittwoch stand Pröll souverän gut gelaunt vor seinen Parteikollegen. Er gratulierte Österreichs ehemaliger Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zu seiner Nachfolge. Auf die Frage ob Mikl-Leitner seine Fußstapfen überhaupt ausfüllen könne, antwortete Pröll: "Mit der Last wachsen die Füße sicher noch einmal eine Nummer." Scherze also statt Skandale.

Doch das Jahr hatte für Pröll anders begonnen. Der Falter hatte das Geschäftsmodell von Prölls Stiftung enthüllt: Der Regierungschef nimmt Geldgeschenke an, steckt sie in eine Privatstiftung seines Namens, lässt diese Stiftung durch Kabinettsbeschluss üppig fördern; doch diese Stiftung spart einen Millionenbetrag an, statt das Fördergeld in Projekte zu stecken. Nach dem Bericht des Falter empören sich Parteifreunde - darunter der Innenminister der Bundesregierung - über den Reporter, der die Sache aufgedeckt hat.

Der Name Pröll mag den meisten Deutschen wenig sagen, aber die Causa ist so interessant wie pikant: Der Mann galt bislang als einer der mächtigsten Politiker Österreichs. Pröll wurde vor 37 Jahren Regierungsmitglied von Niederösterreich und stand der Regierung 25 Jahre vor. Er brachte sein Bundesland voran, gab den jovialen Händeschüttler, Schulterklopfer und Blaskapellendirigierer. Die Regionalpresse ist ihm bislang weitgehend ergeben.

Seine konservative ÖVP brachte er bei Landtagswahlen auf mehr als 50 Prozent, was ihn zur grauen Eminenz der Christsozialen in der ganzen Republik machte. Pröll beförderte und beendete Karrieren. Der Versuchung, ins Bundesparlament oder gar in die Regierung nach Wien zu wechseln, ist Pröll nie erlegen. Selbst eine mögliche Kandidatur bei der Bundespräsidentenwahl schlug er aus. Er blieb lieber Bürgerkönig von Niederösterreich.

Zum 60. Geburtstag, vor zehn Jahren, erhielt der Landesvater laut eigenen Aussagen finanzielle Geschenke, insgesamt 150 000 Euro - angeblich zusammengesetzt aus einer Vielzahl von kleinen Einzelbeträgen von vielen dankbaren Landeskindern. Seinen Beamten ist es verboten, Geldgeschenke anzunehmen. Pröll fand es in seinem Fall okay, er steckte es in eine Stiftung, die er wenige Monate später gründete: die Dr. Erwin Pröll Privatstiftung.

Hier setzten die Recherchen des Falter ein. Dem Magazin waren von einem Insider umfangreiche Unterlagen zugespielt worden. Seit 2009 wird demnach die Pröll-Stiftung mit Steuergeld gefördert: 150 000 Euro pro Jahr. Insgesamt wurden der Stiftung 1,35 Millionen Euro gewährt, ausbezahlt wurden bislang 300 000 Euro. Beschlossen wurde die Förderung von der Landesregierung, der Pröll vorsteht. Auch Prölls Nachfolgerin Mikl-Leitner war an der Entscheidung beteiligt.

Wenige Tage nach der Enthüllung streute sein Büro, er erwäge schon länger seinen Rückzug

Bislang hat die Stiftung nichts von dem staatlichen Geld ausgegeben. Nachgeschobene Begründung: Man wolle damit eine "Akademie für den ländlichen Raum" errichten. Von solchen Plänen war zuvor aber nichts von der Stiftung zu vernehmen. Damit nicht genug: Die Kontaktadresse der "Privatstiftung" ist der Amtssitz Prölls in St. Pölten.

Auf die Falter-Recherchen reagierte die Pröll-Seite maximal unsouverän: Anfragen wurden schmallippig oder gar nicht beantwortet. Nach der Veröffentlichung am 10. Januar nannte Bundesinnenminister Wolfgang Sobotka die Recherche "Fake News". Was genau an dem Text der Unwahrheit entspricht, sagte er nicht.

Wenige Tage nach der Enthüllung streute Prölls Büro, der niederösterreichische Landeshauptmann erwäge seit Weihnachten "sehr intensiv", ob er sich aus der Politik zurückziehen soll. Für diesen Dienstag lud er dann zur Pressekonferenz und gab seinen Rückzug bekannt: Im März will der 70-Jährige nicht mehr für den Landesvorsitz seiner Partei kandidieren, wenig später auch von seinem Amt als Regierungschef zurücktreten. "Verantwortung übernehmen heißt, zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Schritt zu setzen."

Dass die Affäre den Ausschlag für den Abgang gegeben haben könnte, sagt Pröll nicht. Inzwischen prüft die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, ob im Fall der Dr. Erwin Pröll Privatstiftung ein Anfangsverdacht vorliegt. Auch hat der Rechnungshof angekündigt, die Förderungstätigkeit des Landes Niederösterreich für die Stiftung zu prüfen. Wie sehr die Affäre sich auf den Ruf der ÖVP-Landesregierung auswirkt, dürfte nun Prölls Nachfolgerin Mikl-Leitner zu spüren bekommen: 2018 wählt Niederösterreich.

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