Bundespräsidentenwahl in Österreich:Das Gespenst in der Wiener Hofburg

Norbert Hofer Holds Final Presidential Election Campaign Rally

Herabsetzung des Gegners, persönliche Verunglimpfung: Norbert Hofers Wahlkampftaktik ähnelt der Trumps.

(Foto: Getty Images)
  • Sollte Norbert Hofer das Rennen machen, wäre Österreich das erste EU-Land mit einem rechtspopulistischen Staatsoberhaupt.
  • In Wien hatte sich der Stil des Wahlkampfs zuletzt zunehmend dem US-amerikanischen angeglichen.
  • In der FPÖ setzt man darauf, dass der Trump-Effekt Wähler des rechten Lagers mobilisiert.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Zwei Tage vor dem dritten Versuch, einen Bundespräsidenten zu wählen, lag die rechtspopulistische FPÖ in Österreich vorn - zumindest, was die Inszenierung anging. Während der grüne Kandidat, Alexander Van der Bellen, erst am späten Freitagnachmittag in einem Wiener Arbeiterbezirk um die letzten Unentschlossenen werben wollte, fand die Abschlusskundgebung des FPÖ-Bewerbers Norbert Hofer am Morgen in einem höchst gediegenen Rahmen statt.

Die Rechtspopulisten feierten das Ende des elfmonatigen Rennens um die Hofburg in einem Saal der Wiener Börse und gaben sich nach einem aggressiv geführten Wahlkampf seriös. Parteichef Heinz-Christian Strache lobte die Strategie, eher die Vorteile des eigenen Kandidaten als Schwächen des Gegners hervorzuheben. Da runzelten sogar einige Honoratioren erstaunt die Brauen.

Van der Bellen zeigt sich als glühender Europäer

Die Wahl am Sonntag gilt als Richtungsentscheidung - und nach dem Brexit der Briten als nächstes Signal für Europa, wo kommendes Jahr weitere Abstimmung folgen werden - in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Sollte Hofer das Rennen machen, wäre Österreich das erste EU-Land mit einem rechtspopulistischen Staatsoberhaupt.

Aber auch der Wahlerfolg des Populisten Donald Trump in den USA hat das Augenmerk auf das kleine Land gelenkt. Denn in Wien hatte sich der Stil des Wahlkampfs zuletzt zunehmend dem US-amerikanischen angeglichen - Herabsetzung des Gegners, persönliche Verunglimpfung, Verbreitung von Gerüchten und gefälschten Nachrichten in den sozialen Medien inklusive.

Hofer hatte sich, unterstützt von einer Phalanx rechtspopulistischer Medien, als Kandidat des Anti-Establishments inszeniert, war gegen das "System" und eine "unkontrollierte Migration" zu Felde gezogen. Van der Bellen hingegen zeigte sich als glühender Europäer, der sich nicht in die Niederungen eines persönlich gefärbten Zweikampfes in dieser Direktwahl hineinziehen lassen wolle, weil er sich als gewählter Präsident fühle.

Tatsächlich hatte er eine erste Stichwahl im Mai knapp gewonnen; diese war aber von der FPÖ angefochten worden. Das Verfassungsgericht gab der Klage wegen Schlampereien bei der Auszählung statt. Ein zweiter Wahltermin im Oktober musste verschoben werden, weil die Briefwahlumschläge nicht klebten; nun steht der dritte Versuch an. Umfragen sehen die Kandidaten gleichauf.

Medien schrieben von einer "Schlammschlacht"

Wie sehr der Wahlkampf im gewöhnlich konsensorientierten Österreich vom Trump-Effekt beeinflusst war, ließ sich am Donnerstagabend beobachten. Während des letzten von sieben Wahlkampfduellen ließen die Kandidaten keine Gelegenheit mehr aus, auszuteilen.

Medien schrieben von einer "Schlammschlacht", Hofer sei "zu aggressiv", Van der Bellen "zu abstrakt" gewesen. Tiefpunkt der Debatte war die Andeutung Hofers, sein Gegner habe einst für den sowjetischen Geheimdienst spioniert.

In den sozialen Netzwerken ging die Schlacht danach weiter. Ohnehin hatte der Wahlkampf wesentlich in den Echokammern des Internets stattgefunden. Die FPÖ war hier im Vorteil, weil sie ein kleines Medienimperium samt eigenem TV-Sender, parteinahen Blogs und Webseiten aufgebaut hat, über das im Wahlkampf massiv Stimmung gemacht wurde.

Bundespräsidentenwahl in Österreich: Credit: SZ-Grafik; Fotos: AFP; Quelle: Unique Research

Credit: SZ-Grafik; Fotos: AFP; Quelle: Unique Research

Das Van-der-Bellen-Lager, das seinen Kandidaten als staatstragend und international vermittelbar präsentieren wollte, konnte da nicht mithalten, weil sich direkte Angriffe auf den Gegner aus Gründen der Taktik und des guten Stils verboten.

Diese Linie verließ Van der Bellen allerdings zuletzt, nachdem Hofers Umfeld seinen Vater als Nazi hingestellt hatte und Hofer ihn als Kommunisten, Freimaurer - und möglichen Spion bezeichnet hatte.

Wie Hofer sich an Trump orientiert

Beobachter fühlten sich auch hier an das Duell der Demokratin Hillary Clinton gegen den Milliardär Donald Trump erinnert, der bei Wahlkampf-Auftritten versprochen hatte, seine Kontrahentin ins Gefängnis zu werfen - gefolgt von Sprechchören begeisterter Anhänger: "Sperrt sie ein!"

Hofers Mantra "Das ist eine Lüge" erinnerte an Trumps "Wroooong" (falsch,) mit dem er die Demokratin lächerlich zu machen suchte. In der FPÖ setzt man darauf, dass der Trump-Effekt Wähler des rechten Lagers mobilisiert. Wenn sich Millionen in den USA zu einem Populisten bekennen, so die Rechnung, wachse dazu auch in Europa die Bereitschaft.

Hofer hat für den Fall seines Sieges angekündigt, er werde sich mehr als sein Vorgänger in die Regierungsarbeit einmischen. Das ist keine leere Drohung: Die Verfassung gibt dem Präsidenten in Österreich unter anderem das Recht, die Regierung zu entlassen.

Heinz Fischer (SPÖ), der im Sommer aus dem Amt schied, hatte als abgeklärter, humorvoller, aber bisweilen etwas phlegmatischer Präsident gegolten. Gut möglich, dass sich die Österreicher noch nach dieser Zurückhaltung zurücksehnen werden.

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