Österreich-Bayern:Die heiße Grenze

Früher schmuggelten Kriminelle Drogen, Autos und Diebesgut. Heute kommen auch Flüchtlinge. Der Südosten beschäftigt Bayerns Sicherheitsbehörden schon lange.

Von Joachim Käppner

Die Lage an der Grenze, verkündete Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), bereite ihm Sorge: "Wir setzen mehr Personal und mehr finanzielle Mittel dafür ein." Was klingt wie eine Nachricht von heute, spielte sich im Januar 2014 ab: Die Polizei registrierte einen Anstieg des Handels mit der Designerdroge Chrystal Meth, die Einreise organisierter Einbrecherbanden aus Südosteuropa und Handel mit gestohlenen Autos. Um Flüchtlinge ging es eher am Rande. Ein halbes Jahr später, bald nach dem Siegeszug der Terrormiliz IS im Nahen Osten 2014, änderte sich das schnell. Mehr als eine Million Menschen, vor allem aus Syrien und dem Irak, sind allein 2015 in die Bundesrepublik gekommen, die große Mehrzahl auf dem Landweg nach Bayern.

Seit 13. September vergangenen Jahres kontrolliert die Bundespolizei hier wieder die wichtigsten Grenzübergänge in Bayern, vor allem an den Autobahnen und Schnellstraßen. Dabei wurden nach ihren Angaben, Stand Mitte November 2015, mehr als 800 000 Personen überprüft und etwa 350 000 Migranten registriert. Die Bundespolizei überführte 411 Schleuser, 18 kamen in Haft. Auch wurden immer wieder Flüchtlinge abgewiesen, die gar nicht nach Deutschland, sondern etwa nach Skandinavien weiterreisen wollten.

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Immer noch bis zu 3000 täglich: In Salzburg marschieren Flüchtlinge zur deutschen Grenze bei Freilassing.

(Foto: Sean Gallup/Getty)

Über die Grenze nach Salzburg laufen die internationalen Verkehrswege bis in die Türkei, die klassische Balkan-Transitroute auch für Rauschgift und alle Spielarten internationaler Kriminalität - und nun für die Flüchtlinge. Zudem sind einige Staaten des Balkan nicht Mitglieder der Europäischen Union: Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Albanien, Kosovo, Mazedonien. Aus diesen Ländern kam schon bis 2014 eine beträchtliche Zahl von Asylbewerbern nach Bayern, obwohl ihre Anträge in aller Regel aussichtslos waren. Inzwischen sind die sechs Länder als sichere Herkunftstaaten eingestuft.

Die Landesregierung hat sehr viel Geld in die Schleierfahndung gesetzt

Der bayerische Lösungsversuch hieß "Schleierfahndung", eine Art Grenzkontrolle light durch Polizeikräfte des Freistaates. Zivilfahnder kontrollieren so in einer Zone hinter der Grenze Personen und Fahrzeuge, die ihnen verdächtig erscheinen. Auch die Bundespolizei setzt Schleierfahnder ein. Kritiker monieren, bei dieser Maßnahme würden "ausländisch aussehende Personen" öfter überprüft als andere, sie verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz.

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Vor allem Bayern hat viel Geld in die Schleierfahndung gesteckt. Über das "Carpad" im Polizeiwagen haben die Beamten bei einer Überprüfung Zugriff auf alle polizeiliche Fahndungssysteme. Ein Fingerabdruckscanner ermöglicht den Schleierfahndern den raschen Abgleich mit der Datenbank des Bundeskriminalamts. In Schwandorf und Petrovice gibt es sogar ein deutsch-tschechisches "Abwehrzentrum", das etwa die Überprüfung von Kfz-Daten und DNA-Spuren erleichtert.

2013 hatten die Schleierfahnder nach offiziellen Angaben etwa 20 000 Straftaten aufgedeckt, zum großen Teil freilich Delikte im Zusammenhang mit unerlaubter Einreise und Schleusung. Angesichts Hunderttausender Flüchtlinge von Mitte 2014 an blieben den Schleierfahndern aber höchstens Stichproben.

Bayern hatte dem Bund bereits nach den Anschlägen von Paris im November angeboten, der Bundespolizei wieder bei den Grenzkontrollen zu "helfen". Das Bundesinnenministerium nahm dies jedoch nur "dankend zur Kenntnis" und lehnte ab. Der Freistaat hatte bis in die Neunzigerjahre hinein die Sicherung der Bundesgrenzen in Bayern großteils übernommen. Auch heute wäre das möglich - laut Bundespolizeigesetz aber nur "im Einvernehmen mit dem Bund".

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