Österreich:Aus der Mottenkiste

Kanzler Kurz nutzt ein Kopftuchverbot, um Ängste zu schüren.

Von Peter Münch

Neue Zeiten hatte Österreichs rechte Regierung versprochen. Doch statt auf konkrete Maßnahmen richtet die Koalition aus ÖVP und FPÖ ihre Kraft auf PR-trächtige Symbolpolitik. Erst machte sie sich für die Raucher stark, die nun weiter in Gaststätten qualmen dürfen. Jetzt zieht sie ein neues Thema aus der populistischen Mottenkiste: Das Kopftuch soll in Kindergärten und Grundschulen verboten werden.

Kanzler Sebastian Kurz hat sich damit wieder einmal einen Vorschlag der FPÖ zu eigen gemacht. Argumentiert wird mit dem Kinderschutz und dem Recht der Mädchen auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Doch dahinter steckt - kaum verhüllt - der plumpe Versuch, die Angst vor Islamismus und einer Überfremdung der Gesellschaft zu schüren.

Wie durchsichtig dieses Manöver ist, wurde im Ministerrat klar: Dort beschloss man zuerst, dass Österreich ein solches Gesetz schnellstmöglich braucht. Erst im Anschluss soll nun untersucht werden, ob es dafür überhaupt eine Zielgruppe gibt. Selbst der Bildungsminister muss gestehen, dass niemand weiß, wie viele Kinder tatsächlich Kopftuch tragen. Nach gängiger islamischer Lehre verhüllen Mädchen das Haar erst ab der Geschlechtsreife. Doch so viel Differenzierung will die Regierung den Bürgern und sich selbst offenbar nicht zumuten.

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