Öl aus der Arktis:Willkommene Auszeit

Shell bohrt nun doch nicht. Eine gute Entscheidung.

Von Marc Beise

Der Energie-Konzern Shell hat seine Erkundungsbohrungen vor Alaskas Küste überraschend eingestellt, sehr zur Freude der Naturschützer. Die Entscheidung verwundert vor allem deshalb, weil der Konzern viele Jahre auf dem hochumstrittenen Projekt beharrt und erst vor wenigen Wochen die Genehmigung der US-Behörden erhalten hatte. Der Wettlauf am Nordpol schien nun richtig loszugehen - und ist schon wieder gestoppt.

Den Rückzieher begründet Shell damit, dass erste Bohrungen nur unzureichende Hinweise auf Öl und Gas ergeben haben. Das allein wäre ein schwaches Argument, denn dass unter dem Eis riesige Vorräte liegen, ist unstrittig. Auch der Hinweis auf den niedrigen Ölpreis, der aufwendige Erkundungen unwirtschaftlich macht, überzeugt nicht. Die Energie-Riesen müssen auf Jahrzehnte planen. Wer heute nicht investiert, wird das in 20 Jahren bereuen. Im Ergebnis kommt es auf die Motivlage aber auch nicht an. Die Arktis erhält eine Schonfrist, und das ist gut.

Beide Seiten sollten die Zeit nutzen. Die Umweltschützer, um zu erkennen, dass die Menschheit die Vorräte auch an entlegenen Orten irgendwann braucht - und sie sich dann auch holen wird. Die Industrie aber muss lernen, noch viel sorgfältiger zu planen und neue, sichere Techniken zu entwickeln, ehe sie es wagen darf, in riskante Regionen vorzudringen. Für Abenteuer ist die Natur zu wertvoll.

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