Öffentlicher Dienst:Wenig oder mehr streiken

Öffentlich Beschäftigte demonstrieren für mehr Lohn

Dies war erstmal nur ein Warnstreik: Teilnehmer einer Demonstration für mehr Lohn in Flensburg.

(Foto: Alexander Preker/dpa)

In der zweiten Tarifrunde von diesem Montag an geht es um Betriebsrenten und Lohnerhöhungen.

Von Detlef Esslinger

In der Tarifrunde für die 2,1 Millionen Arbeitnehmer des Bundes und der Kommunen wird es von diesem Montag an ernst. In Potsdam treffen die Vertreter von Verdi, Beamtenbund sowie weiterer Gewerkschaften mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und dem Verhandlungsführer der Kommunen, Thomas Böhle (SPD), zusammen.

Bei Tarifverhandlungen ist immer von der zweiten Runde an mit einem Angebot der Arbeitgeber zu rechnen; aber es gibt auch andere Verläufe. Bei diesen Verhandlungen geht es um drei Themen, von denen zwei als besonders schwierig gelten. Nachdem sich die Unterhändler seit Jahren nicht auf eine neue Entgeltordnung bei den Kommunen einigen konnten - also die Festlegung, mit welcher Tätigkeit und welcher Qualifikation man in welche Entgeltgruppe kommt -, scheint dies nach Einschätzung mehrerer Beteiligter nun zu gelingen. Kompliziert sind dagegen die Erhöhung der Löhne und die Zukunft der Betriebsrenten bei den Kommunen. Bei den Löhnen fordern die Gewerkschaften eine Erhöhung um sechs Prozent. Sie argumentieren mit einem Nachholbedarf im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Seit dem Jahr 2000 seien die Tariflöhne beim Staat um gut 37 Prozent gestiegen, in der Gesamtwirtschaft dagegen um mehr als 41 Prozent. Die Sechs-Prozent-Forderung bewegt sich im Rahmen des langjährigen Mittels - und wird gerade deshalb von den Arbeitgebern zurückgewiesen. "Viel zu hoch", sagt Minister de Maizière. Bei einer kaum nennenswerten Inflation darf die Lohnerhöhung diesmal niedriger sein als sonst, finden die Arbeitgeber.

Zuletzt scheuten die Arbeitgeber sich oft, in der zweiten Tarifrunde ein Angebot zu machen: Um halbwegs ernst genommen zu werden, hätte es oberhalb der Inflationsrate liegen müssen - und weil die Gewerkschaften es ritualhaft zurückgewiesen hätten, wollten die Arbeitgeber sich nicht durch vorschnelle Nennung einer Prozentzahl die Preise verderben. Diesmal hingegen würden sie auch mit einem nominell sehr niedrigen Angebot wohl über der Inflationsrate liegen. Ob sie sich dazu entschließen, dürfte im Laufe des Montags klar werden, des ersten von zwei angesetzten Verhandlungstagen.

Das zweite komplizierte Thema sind die Betriebsrenten der Kommunen. Weil die Lebenserwartung gestiegen und jeder Zins gesunken ist, wollen die Kommunen nicht näher präzisierte "Leistungseinschnitte" bei ihren insgesamt 18 Versorgungskassen durchsetzen. Die Gewerkschaften sind jedoch zu Zugeständnissen nur bei jenen Kassen bereit, die tatsächlich bereits in Schwierigkeiten sind. Die Lage sei aber sehr unterschiedlich - weil manche Kassen früher und manche später angefangen hätten, Beiträge der Beschäftigten auf dem Kapitalmarkt anzulegen (anstatt damit nur die Renten von heute zu bezahlen). Diese Beurteilung wird bei den Kommunen zwar nicht vehement bestritten. Trotzdem wollen sie das Problem nun lieber in der Tarifrunde lösen, als später einen "Kleinkrieg" bei jeder einzelnen Kasse führen, wie einer ihrer Vertreter sagt.

Der Fortgang der Gespräche bis Dienstag dürfte darüber entscheiden, in welcher Intensität die Gewerkschaften ihre Streiks fortführen: ob es bei Warnstreiks bleibt, die immer auch der Mitgliederwerbung dienen - oder ob mit unbefristeten Streiks später ein Ergebnis in ihrem Sinne erzwungen werden soll.

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