Obamas Vermittlung im Nahostkonflikt:Druck von ganz oben

Obama und Netanjahu

Persönliches Verhältnis geklärt: Israels Premier Benjamin Netanjahu (l) und US-Präsident Barack Obama

(Foto: dpa)

Mit einem Doppelschlag meldet sich US-Präsident Obama zurück im Nahostkonflikt: An diesem Montag trifft er Israels Premier Netanjahu, in zwei Wochen Palästinenser-Präsident Abbas. Was als Aufbruchssignal verkauft wird, ist nur ein verzweifelter letzter Versuch. Doch die Zeit ist reif dafür.

Ein Kommentar von Peter Münch, Tel Aviv

Nun greift der Chef persönlich ein. Ein ganzes Jahr lang hatte US-Präsident Barack Obama das nahöstliche Friedensgeschäft allein seinem Außenminister John Kerry überlassen, nun aber meldet er sich zurück mit einem Doppelschlag: Am Montag empfängt er zunächst Israels Premierminister Benjamin Netanjahu im Weißen Haus, zwei Wochen später ist Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas geladen.

Der Druck von ganz oben hat das Ziel, die Kontrahenten zu Kompromissen zu pressen. Doch was von den Strippenziehern in Washington als Aufbruchsignal verkauft wird, wirkt eher wie ein verzweifelter letzter Versuch.

Kerry hat sich gewiss nach Kräften bemüht seit der von ihm vermittelten Wiederaufnahme der Friedensgespräche Ende Juli. Ein Dutzend Mal ist er in die Region gereist, hat die Europäische Union ebenso wie die Arabische Liga mit ins Boot geholt, hat Pläne entworfen, geworben und gedroht - aber bislang nichts erreicht. Im Gegenteil: Aus der Jerusalemer Regierung heraus wurden seine Vermittlungsbemühungen als "besessen und messianisch" abgewertet, die Palästinenserführung wirft ihm Parteilichkeit zugunsten Israels vor.

Frustration auf allen Seiten

Die einzige Hoffnung, an die Kerry sich noch klammert, ist eine Verlängerung der ursprünglich bis Ende April geplanten Verhandlungen. Geregelt werden soll das nun in einem sogenannten Rahmenabkommen, doch derzeit ist nicht einmal die Einigung auf diesen euphemistisch verbrämten Minimalkonsens sicher.

Hier soll nun ein Machtwort von Barack Obama retten, was zu retten ist. Aus Erfahrung allerdings dürfte der amerikanische Präsident wissen, wie groß die Widerstände sind. In seiner ersten Amtszeit hatte er sich forsch ins nahöstliche Getümmel geworfen - und am Ende nichts als Frustration auf allen Seiten hinterlassen.

Vor allem Netanjahu hatte ihn nach allen Regeln der Kunst auflaufen lassen, hatte ihm im Weißen Haus vor laufenden Kameras Geschichtsunterricht erteilt und bei einer Rede im Kongress offen den Kampf angesagt. Das persönliche Verhältnis der beiden Männer darf damit als geklärt gelten, politisch jedoch sind sie weiter zum Zusammenspiel gezwungen.

Amerikanische Führungskraft ist notwendig

Wenn Obama nun bereit ist, erneut in die nahöstlichen Händel einzugreifen, sollte er aus seinen Fehlern im ersten Anlauf gelernt haben. Er muss wissen, dass er einen langen Atem braucht und nicht auf den guten Willen der israelischen und palästinensischen Führung zählen kann. Netanjahu und Abbas nämlich sind seit Monaten weit mehr damit beschäftigt, dem jeweils anderen die Schuld fürs Scheitern zuzuschieben als nach Lösungen zu suchen. Sie folgen den alten Ritualen - und handeln dabei gegen die Interessen ihrer beiden Völker.

Denn in fast paradoxer Parallelität zum Stillstand in den Verhandlungen herrscht sowohl in Israel als auch in den Palästinensergebieten mehrheitlich die Einsicht, dass eine Zwei-Staaten-Lösung das Beste für beide Seiten ist. Doch weil diese Lösung von beiden einen Preis verlangt, schrecken die Regierungen davor zurück.

Kurz gesagt: Vonnöten ist nun amerikanische Führungskraft. Angesichts all der historischen Verhärtungen und innenpolitischen Zwangslagen werden die Kontrahenten allein nicht die Kraft zum Kompromiss finden. Die Vorgaben müssen von außen kommen - als Gesamtpaket aus Anreizen und Drohungen.

Aus den USA und der Europäischen Union fließen in jedem Jahr Milliarden ins Konfliktgebiet. Dieses Geld ist schlecht investiert, wenn es nur dazu dient, den Konflikt zu perpetuieren. Israelis und Palästinenser sollten wissen, dass die internationale Unterstützung Grenzen kennt. Die Zeit ist reif dafür, dass Obama seine Besucher Netanjahu und Abbas im Friedensprozess vor eine klare Wahl stellt: Jetzt oder nie.

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