Obamas Nahost-Politik:Hü und hott, hott und hü

Durch erschreckende Naivität hat Obama ein Annähern zwischen Israelis und Palästinensern verspielt. Nun muss der US-Präsident aufräumen, was er mit angerichtet hat.

Peter Münch

Wenn im Nahen Osten mal wieder gar nichts vorwärtsgeht, erinnert man sich gerne an James Baker. Entnervt von fruchtlosen Verhandlungen, hatte der frühere US-Außenminister die israelische Regierung im Sommer 1990 einmal an die Telefonnummer des Weißen Hauses erinnert und sich dann verabschiedet mit dem Satz: "Wenn ihr es ernst meint mit dem Frieden, dann ruft an."

Obama, dpa

Obama bei einem Telefongespräch mit Netanjahu im Juni 2009.

(Foto: Foto: dpa)

Frustration und Fluchtreflexe begleiten seit jeher alle Vermittler in dem wahrscheinlich kompliziertesten Konflikt der Welt, und manchmal mag tatsächlich der Rückzug als einziger Weg nach vorn erscheinen. Die Nummer, die Baker damals nannte, gilt übrigens noch heute: 001-202-456-1414. Hätte nicht auch der US-Sondergesandte George Mitchell sie einfach in Jerusalem und Ramallah hinterlassen sollen, als er am Sonntag mal wieder ohne Ergebnisse abreisen musste?

Ein Rückzug wäre zweifellos eine Verlockung für Washington. Die Kontrahenten zeigen sich hartleibig, die Lage ist verfahren, und Barack Obama hat gerade per Interview das Scheitern seiner hochfliegenden Nahost-Pläne eingestehen müssen.

Ein paar Probleme habe er unterschätzt, sagt der Präsident, und deshalb die Erwartungen wohl zu hoch geschraubt. Die Analyse stimmt. Doch außer einer erstaunlichen Ehrlichkeit offenbart Obama damit auch erschreckende Naivität. Und genau dieser Naivität ist ein Gutteil der heutigen Probleme geschuldet.

Denn der Nobelpreis-Geehrte hat nicht nur mehr versprochen, als er halten konnte. Er hat obendrein mit seinem Zickzack-Kurs die Konfliktparteien in Positionen getrieben, die neue Verhandlungen verhindern. Zuerst hat er den Palästinenser-Präsidenten Machmud Abbas angespornt, von Israel als Vorbedingung für Friedensgespräche einen kompletten Baustopp in den Siedlungen zu verlangen.

Dann aber hat er plötzlich Israels Premier Benjamin Netanjahu darin unterstützt, für zehn Monate nur im Westjordanland die Bagger ruhen zu lassen, während in Ost-Jerusalem emsig weitergebaut wird. So hat Obama viel von seiner Glaubwürdigkeit und auch von seiner Autorität verspielt.

Ein Rückzug aber darf nicht in Frage kommen - der Präsident muss aufräumen, was er mit angerichtet hat. Er muss ein klares Konzept vorlegen und Durchsetzungskraft zeigen. Denn die Region birgt zu viel Sprengstoff, als dass die Weltmacht sie dem freien Spiel der Kräfte überlassen dürfte. Mit der Hamas und der Hisbollah ragt auch die iranische Drohung in den israelisch-palästinensischen Konflikt hinein. Eine Friedenslösung ist also im amerikanischen Interesse.

Es hat aber wenig Zweck, immer wieder Mitchell als Bittsteller zu entsenden mit dem zunehmend bizarren Auftrag, darüber zu verhandeln, ob wenigstens wieder verhandelt werden kann. Obama muss selbst aktiv werden. Er braucht schließlich nicht zu warten, bis Netanjahu oder Abbas ihn im Weißen Haus anrufen. Er kann sie einfach einbestellen.

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