Obama zum US-Haushaltsstreit:"Beenden Sie diese Farce"

Obama zum US-Haushaltsstreit: US-Präsident Barack Obama: Appell an die Republikaner wegen Haushaltsstreit

US-Präsident Barack Obama: Appell an die Republikaner wegen Haushaltsstreit

(Foto: AFP)

Zu keinem "Kuhhandel" bereit: US-Präsident Obama bleibt hart im Haushaltsstreit zwischen Regierung und Republikanern. Er wolle verhandeln - aber nicht, wenn "dem amerikanischen Volk eine Schusswaffe an den Kopf" gehalten werde. Für viele Pentagon-Mitarbeiter dürfte der Zwangsurlaub bald beendet sein.

US-Präsident Barack Obama hat den Etatstreit als "Farce" bezeichnet und ein Ende des sogenannten "Shutdown" der Regierung gefordert. "Beenden Sie diese Farce", rief Obama den Republikanern in seiner wöchentlichen Videobotschaft am Samstag zu. Der "rücksichtslosen und schädigenden" Stilllegung der öffentlichen Verwaltung müsse nun ein Ende bereitet werden.

Obama zitierte in seiner Ansprache auch aus zwei der 30.000 "herzzerreißenden" Briefe, die verärgerte Amerikaner ihm wegen der lahmgelegten Regierung geschrieben hätten. "Ich bin äußerst besorgt über das Wohlergehen dieser Kinder", schrieb ihm etwa eine Erzieherin und dreifache Mutter aus dem US-Bundesstaat Alabama.

Die Konsequenzen für die USA würden zudem noch schlimmer, wenn sich die zerstrittenen Parteien nicht rechtzeitig auf eine Anhebung des Schuldenlimits von derzeit 16,7 Billionen US-Dollar (12,4 Billionen Euro) einigen würden, so Obama. Er erwarte ein Einlenken der Republikaner.

Er rechne nicht damit, dass sie es zur Zahlungsunfähigkeit der größten Volkswirtschaft der Welt kommen ließen, sagte Obama in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Er erwarte, dass der Kongress bis zum 17. Oktober die Schuldenobergrenze von derzeit 16,7 Billionen Dollar anheben werde. Sollte dies nicht geschehen, könnten die USA keine neuen Schulden mehr aufnehmen und Anleihen nicht mehr bedienen. Es droht ein Zahlungsausfall mit unabsehbaren Folgen für die Weltwirtschaft. Daneben streiten die Regierung und die Republikaner weiterhin über den Staatshaushalt.

Kerry spricht von einem "Moment der Albernheit"

An diesem Sonntag ist bereits der sechste Tag des Haushaltsnotstands. Eine Einigung liegt in weiter Ferne, Gespräche gibt es offenbar nicht. Beide Lager machen sich gegenseitig Vorwürfe. "Dies ist kein verdammtes Spiel", sagte der Republikanerführer John Boehner. Er verlangte von Obama sofortige Verhandlungen. Obama sagte, er sei zu Gesprächen bereit. "Aber wir können das nicht, wenn dem amerikanischen Volk eine Schusswaffe an den Kopf gehalten wird."

Die Republikaner knüpfen die Zustimmung zum Etat an eine Verschiebung der Einführung der Gesundheitsreform. Obama ist zu diesem "Kuhhandel" mit seinem wichtigsten Sozialgesetz nicht bereit. Weil beide Seiten einen Kompromiss an politische Forderungen knüpfen und weder Demokraten noch Republikaner an ihrer Taktik etwas ändern, scheint nach wie vor "kein Ende in Sicht", wie die Washington Post schrieb.

Verhandlungen über geplante Freihandelszone abgesagt

Die US-Haushaltskrise erreicht unterdessen auch die internationale Politik. Kommende Woche fallen die Verhandlungen der EU mit den USA über eine geplante Freihandelszone aus. "Die Vertreter der US-Seite können nicht nach Brüssel kommen", sagte ein EU-Sprecher. Die Gespräche sollten ursprünglich an diesem Montag fortgesetzt werden. Außerdem hatte US-Präsident Barack Obama seine Asienreise abgesagt.

US-Außenminister John Kerry sprach im Zusammenhang mit der Haushaltskrise in seinem Land von einem "Moment der Albernheit", der bald vorüber sei. Die internationale Rolle der USA werde davon nicht geschmälert, betonte Kerry am Samstag am Rande eines Außenministertreffens auf Bali. "Nichts wird unser Engagement in Asien verringern, und wir werden auch weiterhin zu unserer Verantwortung und unserem Engagement auf der ganzen Welt stehen." Auch ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auf Bali fällt aus. Moskau zeigte sich enttäuscht.

Beurlaubte Mitarbeiter werden rückwirkend bezahlt

Weite Teile der US-Regierung sind geschlossen oder arbeiten nur im Notbetrieb. Aufgrund des Haushaltsnotstandes wurden Hunderttausende Regierungsangestellte und andere Beschäftigte in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt. Sie sollen jedoch rückwirkend bezahlt werden. Das Abgeordnetenhaus billigte am Samstag einstimmig einen entsprechenden Gesetzentwurf. Das Abstimmungsergebnis von 407 zu 0 Stimmen war am Samstag nach tagelangem Streit ein erstes Anzeichen einer überparteilichen Einigung zwischen Demokraten und Republikanern.

Damit können die rund 800.000 Betroffenen auf ihre bislang ausbleibenden Gehaltschecks hoffen, sobald der Streit beigelegt und der Finanzierungsnotstand beendet ist. Die Budgetabteilung des Weißen Hauses hatte am Freitag ihre Unterstützung für das Vorhaben erklärt und eine zügige Abstimmung gefordert. Auch die Zustimmung des Senats galt Medienberichten zufolge als wahrscheinlich. Beide müssen dem Gesetz noch zustimmen.

Das US-Verteidigungsministerium hat "die meisten" seiner rund 400.000 beurlaubten Mitarbeiter unterdessen bereits wieder zurück an die Arbeit beordert. Das teilte Verteidigungsminister Chuck Hagel am Samstag in Washington mit. Ab Montag soll der Großteil der Betroffenen zurück an die Arbeit gehen. Es handelt sich um Zivilangestellte, die für die US-Regierung arbeiten. Noch dieses Wochenende würden die Mitarbeiter von ihren Vorgesetzten hören, so Hagel. "Ich erwarte, dass wir die Zahl der zivilen Beurlaubten deutlich verringern, aber nicht beseitigen werden", schrieb Hagel.

Ohne eine Einigung im Haushaltsstreit wirkt sich der Notstand ab Montag auch auf Tausende potenzielle Immobilienkäufer aus, die ohne Unterlagen der lahmgelegten Behörden ihre Geschäfte nicht abschließen können. Das berichtete die Washington Post. Rund 15.000 Anträge auf Hypotheken und 18.000 Anträge auf Refinanzierung würden jeden Tag gestellt. Große Darlehensgeber müssen entscheiden, ob sie die Vergabe von Krediten ohne die entsprechenden Unterlagen der Behörden riskieren wollen.

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