Obama und die NSA:Der Saulus von Washington

Obama und die NSA: Vom Paulus zum Saulus: US-Präsident Obama enttäuscht in der NSA-Affäre

Vom Paulus zum Saulus: US-Präsident Obama enttäuscht in der NSA-Affäre

(Foto: The White House)

Als Senator war Barack Obama ein Kämpfer für Datenschutz und Privatsphäre. Als US-Präsident lässt er den Big Brother NSA ohne Rücksicht auf Verluste Daten speichern. Dass ausgerechnet Obama, einst Darling der Deutschen, den transatlantischen Graben so vertieft, zeigt den Ernst der Lage.

Ein Kommentar von Kurt Kister

Wahrscheinlich wird Barack Obama auch an diesem Freitag seinem Ruf als Präsident der Enttäuschung treu bleiben. Seine Rede zur Rolle der NSA wird wohl nachdenklich klingen, aber vermutlich nichts Entscheidendes an den Überwachungspraktiken ändern, zumal gegenüber Menschen, die keine US-Bürger sind. Egal ob Freunde, Verbündete, Konkurrenten oder Gegner - für die NSA sind und bleiben alle zunächst einmal Ziele.

Obama, als Senator einst ein Kämpfer für das Recht auf Privatheit und Datenschutz, hat sich längst vom Paulus zum Saulus gewandelt. Er hat nicht nur die Überwachungspraktiken der Regierung Bush de facto weitgehend unverändert übernommen, sondern den Geheimdiensten und dem Militär in manchen Bereichen sogar noch mehr Aktionsmöglichkeiten eingeräumt. Die rapide angestiegene Zahl der Einsätze bewaffneter Drohnen ist nur ein Beispiel für den technologischen Bellizismus Obamas.

Seitdem sich der NSA-Mitarbeiter Snowden mit seiner digitalen Pandora-Büchse abgesetzt hat, erfährt die Welt immer mehr über den orwellianischen Charakter des US-Sicherheitsapparats. Bereits zu Zeiten des Kalten Krieges war dieser Charakter ausgeprägt. Seit 9/11 aber haben sich die USA, einst auf Freiheit und bürgerliche Freiheiten gegründet, so drastisch verändert, wie man das gerade als Freund Amerikas vorher nie geglaubt hätte.

Big Brother NSA

Und eben deswegen befindet sich das Verhältnis zwischen den USA und Deutschland in einer Krise. Es ist keine der regelmäßigen Kleinkrisen, weil sich ein Präsident besonders klischeehaft verhält oder weil ein Kanzler herumtölpelt. Nein, diesmal machen der Präsident und so gut wie alle seine Hintersassen durch Tat und Wort deutlich, dass "Partnerschaft", ganz zu schweigen von "Freundschaft", in erster Linie Phrasen für Sonntags- oder aktuell auch Freitagsreden sind.

Wer telefoniert, im Internet ist oder irgendein elektronisches Kommunikationsgerät benutzt, wird von Big Brother NSA mit Billigung des Präsidenten gespeichert. Es könnte ja sein, dass sich in der professionellen Privatsphäre von Kanzlerin und Ministern, von Managern und Offizieren etwas abgreifen lässt, was Amerikanern nützt - Politikern, Offizieren oder Managern. Ob sich das gehört, ob sich die "Freunde" aufregen, ob es illegal ist - they couldn't care less.

In Washington setzt man darauf, dass die in Europa und anderswo sich schon wieder beruhigen werden. Und natürlich weiß man am Potomac, dass es zu viele gemeinsame Interessen gibt, die eine für die USA ernsthaft nachteilige Verschlechterung der Beziehungen, zumal der wirtschaftlichen, verhindern werden.

Also wird Barack Obama Schalmeien blasen, ohne allerdings verbindlich zu versichern, dass in Zukunft keine nachrichtendienstliche Ausspähung vermeintlich enger Verbündeter mehr erfolgt. Dass ausgerechnet der Demokrat Obama, einst Darling der Deutschen, den transatlantischen Graben so vertieft, bestätigt nur, wie ernst die Krise ist.

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