Obama und der Detroit-Anschlag:Nicht schnell genug

Die Republikaner geißeln Obama für sein Zögern nach dem vereitelten Attentat. Dabei reagierte der Präsident schneller als einst Vorgänger Bush auf den vergleichbaren Fall des Schuhbombers.

W. Jaschensky

Während der US-Präsident seinen Weihnachtsurlaub genießt, gelingt es einem Terroristen, größere Mengen des Sprengstoffs PETN an Bord des Transatlantikflugs zu schmuggeln. Nur dem beherzten Eingreifen von Passagieren ist es zu verdanken, dass der Anschlag misslingt.

Obama, Bush, AFP, AP

Während die Republikaner Präsident Obama (links) für seine späte Reaktion auf den vereitelten Terroranschlag von Detroit kritisieren, waren die Demokraten einst deutlich zurückhaltender mit ihrer Kritik an Präsident Bush. Dabei reagierte der auf einen vergleichbaren Anschlagsversuch noch deutlich später.

(Foto: Fotos: AP, AFP)

Das ist die Geschichte des Flugs NW253 vom 25. Dezember 2009, des gescheiterten Attentats von Detroit. Es ist aber auch die Geschichte von Flug AA11 am 22. Dezember 2001, durch die der Engländer Richard Reid als Schuhbomber bekannt wurde.

Die Parallelen zwischen den gescheiterten Attentaten sind frappierend. Umso erstaunlicher ist, wie unterschiedlich das Echo von Politik und Medien heute im Vergleich zu 2001 ausfällt.

US-Präsident Barack Obama zögerte nach dem vereitelten Anschlag drei Tage, ehe er sich am 28. Dezember an die amerikanische Öffentlichkeit wandte. Ein gefundenes Fressen für die Republikaner.

Wenn die Regierung Informationen über einen bekannten Extremisten habe und daraufhin nicht gehandelt werde, habe es einen Fehler im System gegeben, sagte der US-Präsident. Weitere Videos finden Sie hier

Obama verharmlose die Gefahr, schallte es aus den Reihen der "Grand Old Party". Als Commander in Chief hätte Obama sich umgehend äußern müssen, kritisierte der Abgeordnete Peter King, Mitglied des Heimatschutz-Ausschusses. Senator Jim DeMint stellte prompt Obamas gesamte Politik gegenüber Muslimen in Frage.

Ein Blick zurück in den Dezember 2001: Auch Präsident Bush erklärte sich erstmals am 28. Dezember, wie eine Recherche der US-Seiten Politico.com und Huffington Post belegen. Doch da lag der Anschlag bereits sechs Tage zurück.

In einer Pressekonferenz wertete der Präsident damals das Scheitern des Schuhbombers als Beleg dafür, dass "das Land in Alarmbereitschaft" ist und lobte den Einsatz einer Flugbegleiterin und der Passagiere. Noch am Tag zuvor hatte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zu Protokoll gegeben, dass der Anschlag Sache der Justiz und nicht seines Ministeriums sei.

Obama reagierte drei Tage schneller als Bush, äußerte sich nicht nur in einer Pressekonferenz, sondern richtete sich in einer Ansprache direkt an die Bürger und wurde dabei deutlich konkreter als Bush vor acht Jahren: "Wir werden nicht ruhen, bis wir alle Beteiligten gefunden und zur Verantwortung gezogen haben", sagte Obama und kündigte weitreichende Maßnahmen an, mit denen die Sicherheit im US-Flugverkehr gewährleistet werden soll.

Dennoch muss er nun Prügel für sein Krisenmanagement und seine gesamte Außenpolitik einstecken, während Bush 2001 ungeschoren davongekommen war. "Weder die Demokraten noch die Medien monierten die Reaktion Bushs als schleppend oder unangemessen", bilanziert Politico.com.

Von Detroit nach Guantanamo

Obama könnte das gescheiterte Attentat noch lange Probleme bereiten - besonders wegen der geplanten Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo. Der TV-Sender ABC enthüllte, dass zwei der vier Drahtzieher ehemalige Guantanamo-Insassen seien.

Im Wahlkampf warb Obama damit, das Gefangenenlager Guantanamo, dieses unrühmliche Kapitel der Ära Bush, schnell schließen zu wollen. Keine 24 Stunden zögerte er nach seiner Amtsübernahme, um die Auflösung Guantanamos offiziell anzuordnen. Innerhalb eines Jahres sollte der Schandfleck beseitigt sein.

Nun, da Obama seinem Ziel durch den Kauf eines Hochsicherheitsgefängnisses im Bundesstaat Illinois einen entscheidenden Schritt nähergekommen ist, droht das Detroit-Debakel Obama einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Dass "Häftling Nummer 333" und "Häftling Nummer 372" noch zu Zeiten von US-Präsident Bush freigelassen wurden, verringert zwar die Angriffsfläche, ändert aber nichts am grundsätzlichen Problem: Etwa 90 der 198 Häftlinge auf Kuba sind Jemeniten - und die Spur des Detroit-Bombers führt in den Jemen. Nach Angaben der Washington Post erhielten bereits 34 Jemeniten die Erlaubnis zur Rückkehr.

Die Senatoren John McCain, Lindsey Graham und Joseph Lieberman forderten Obama bereits auf, die geplante Übergabe von sechs Insassen an die jemenitische Regierung solange auszusetzen, bis die Sicherheitslage in dem Land garantiert werden könne.

Die Männer seien wegen ihrer Verbindungen zu al-Qaida eine "Bedrohung" für die Vereinigten Staaten, schrieben die beiden Republikaner und der unabhängige Senator in einem Brief. Ihre geplante Ausweisung sei daher "höchst unklug und schlecht überlegt".

Noch deutlicher wird der republikanische Hardliner Pete Hoekstra: "Wenn jetzt Leute in den Jemen zurückgeschickt werden, ist das nicht nur eine schlechte Idee, es wäre schlichtweg dümmlich." Zurück in den Jemen sei lediglich ein anderes Wort für "zurück auf das Schlachtfeld".

Aber auch Demokraten kommen ins Grübeln. Der Vorsitzende des Heimatschutz-Ausschusses, Bennie Thompson, sagte: "Mehr Leute in den Jemen zu schicken ginge wohl etwas zu weit." Das Ganze müsse noch einmal von Grund auf überdacht werden.

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