Obama in Hannover:Wie schützt man den "gefährdetsten Mann der Welt"?

President Obama And The First Lady Arrive In The UK

Die Air Force One hat den US-Präsidenten wohlbehalten nach England gebracht, sie wird ihn auch sicher nach Deutschland bringen.

(Foto: Getty Images)

Deutsche und amerikanische Sicherheitskräfte laufen zu Obamas Besuch in Hannover zu Höchstform auf. Tausende Bürger müssen sich auf scharfe Kontrollen einstellen.

Der "gefährdetste Mann der Welt" kommt nach Hannover. Dieser Superlativ stammt von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius. Und er spiegelt sich auch in der Höchstform wider, zu der sich die Kräfte verpflichtet haben, die mit der Sicherheit Barack Obamas betraut sind. Nicht nur die Hannoveraner Polizei soll garantieren, dass der Besuch des amerikanischen Präsidenten reibungs- und vor allem gefahrlos abläuft.

Laut Polizeisprecherin Martina Stern sind "Unterstützungskräfte aus fast allen Bundesländern" angefordert. Zahlen will Stern nicht verraten. Zur Orientierung: Als Obama 2009 Dresden besuchte, waren 6000 Beamte im Einsatz. Seit Februar dieses Jahres trifft nun ein eigens aufgestellter Stab die Sicherheitsvorkehrungen. Die Bundespolizei ist eingebunden und stimmt sich eng mit den persönlichen Leibwächtern des Präsidenten ab, den Agenten des Secret Service.

Als im vergangenen Jahr Narendra Modi gemeinsam mit Angela Merkel die Hannover Messe eröffnete, war die Sicherheit des indischen Premierministers freilich auch allerhöchstes Anliegen der Behörden. Doch wenn am Sonntagabend Obama die Industriemesse einläuten wird, dann scheint der Sicherheitsapparat sich selbst die Krone aufsetzen zu wollen: "mit Sicherheitsschleusen, wie man sie vom Flughafen kennt", sagt Onuora Ogbukagu vom Messe-Team. Dieses Höchstmaß an Vorsicht erklärt er sich mit "dem höheren Bekanntheitsgrad" Obamas im Vergleich zu dem Modis.

Die Eröffnungsfeier wird - wie im vergangenen Jahr auch - nicht auf dem Messegelände stattfinden, sondern im städtischen Congress Centrum. Doch müssen sich die Gäste, anders als 2015, erst am Ausstellungsort einfinden, wo sie akkreditiert werden für die Feier. Dann bringt eine Busflotte sie zum Congress Centrum. "Alles ist akribisch durchgeplant", sagt Ogbukagu.

Der Protokollchef will keine Überraschungen. Auch keine halbnackten

Am Montag werden Merkel und Obama dann über das Messegelände flanieren und einigen Ausstellern ihre Aufmerksamkeit schenken. Doch was den Eindruck eines legeren Rundgangs erwecken mag, ist bis ins kleinste Detail durchdacht und geplant. "Es darf keine Überraschungen geben", sagt Michael Rose. Halbnackte Frauen wie vor drei Jahren will der Protokollchef der Deutschen Messe AG auf gar keinen Fall wieder in der Nähe eines prominenten Gastes haben. Damals bedrängten Femen-Aktivistinnen den russischen Präsidenten Wladimir Putin, um gegen das rabiate Vorgehen russischer Behörden gegen politische Stiftungen zu demonstrieren.

Die Hannoveraner, die an den Straßen wohnen, die der US-Präsident mit seinem Tross befahren wird, müssen sich auf strikte Kontrollen einstellen. Die Polizei richtet von Samstag an Sicherheitsbereiche ein, etwa im Zooviertel, wo das Congress Centrum liegt. Auch Flughafen und Messegelände sollen abgeriegelt werden. 2000 Kanaldeckel sind vorsorglich versiegelt worden. Die Polizei informiert Anwohner mit Wurfzetteln und auf ihrer Homepage über die Einschränkungen. Sie teilt mit, dass es aufgrund strenger Kontrollen "zwingend erforderlich" ist, ein Ausweisdokument bei sich zu tragen.

Anlieger des Zooviertels, die einen neugierigen Blick aus nächster Nähe auf den vorbeifahrenden Präsidenten werfen möchten, müssen damit rechnen, dass die Sicherheitskräfte auf sie aufmerksam werden und mitunter einen Blick in die Wohnung werfen wollen. Die Polizei warnt in ihrem Schreiben, dass gerade dort, wo die Straßen eng sind, die Bewohner von ihren Fenstern fernbleiben sollen, um möglichen "Irritationen" vorzubeugen. Ihre Autos und Zweiräder sollen sie wenn möglich wegparken, Mülltonnen und -säcke vorerst nicht auf die Straße stellen.

Angeblich fliegen sogar zwei Kampfhubschrauber nach Hannover

Aus Sicherheitskreisen ist durchgesickert, dass eigens für den Staatsbesuch zwei Kampfhelikopter nach Hannover einfliegen sollen. Ansonsten gilt während des Besuchs im Umkreis von 55 Kilometern eine sogenannte "Flugbeschränkungszone", von der nur kommerzielle Flüge, Flüge der Polizei, Rettungskräfte und anderer Einsatzkräfte ausgenommen sind. Für die Air Force One des Präsidenten und ihre fliegende Begleitkolonne sperrt der Flughafen Hannover eine komplette Startbahn. Obama soll von 650 hochrangigen Beamten, Diplomaten und Politikern begleitet werden.

Wenn der Trubel für die Stadt, ihre Bewohner und den Präsidenten vorüber ist, heißt das aber noch lange nicht, dass auch die Sicherheitskräfte Feierabend machen können. Obama wird voraussichtlich im "Seefugium" sein Quartier beziehen, einem Hotel in Alleinlage im Nordosten der Stadt.

Wenn der Präsident sich schlafen legt, dann haben die Agenten bereits zuvor das Hotel bis in die hinterletzte Ecke abgesucht - auf Sprengstoff, biologische und chemische Gefahrenquellen oder Abhörwanzen. Auch von Bettwanzen würde Obama in Hannover auf gar keinen Fall geplagt werden - selbst wenn er in einer schmuddeligen Kaschemme unterkäme. Denn selbst seiner Matratze widmen die Agenten ungeteilte Aufmerksamkeit. Damit der "am meisten gefährdete Mann der Welt" nachts auch sicher schlafen kann.

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