OB-Wahl in Köln:Angreifer soll fremdenfeindliches Motiv gehabt haben

Köln: Attentat auf OB-Kandidatin

Mit einem Plakat hat die Polizei den Tatort im Kölner Stadtteil Braunsfeld abgesperrt.

(Foto: dpa)
  • Ein 44-jähriger Mann hat die Kölner OB-Kandidatin Henriette Reker mit einem Messer angegriffen und vier weitere Personen verletzt.
  • Reker wurde am Mittag in der Kölner Uniklinik operiert und befindet sich in "stabilem Zustand".
  • Nach der Tat nannte der Angreifer Rekers Flüchtlingspolitik als Motiv.
  • Die Oberbürgermeisterwahl soll wie geplant am Sonntag stattfinden.

Reker bei Messer-Attacke schwer verletzt

Einen Tag vor der Oberbürgermeisterwahl in Köln ist die parteilose Kandidatin Henriette Reker bei einem Messerangriff schwer am Hals verletzt worden. Am Morgen stach ein Mann mit einem Messer auf Reker ein. Helfer sollen versucht haben, den Täter mithilfe von Partei-Sonnenschirmen zu überwältigen, die an dem CDU-Wahlkampfstand aufgestellt waren.

Ein zufällig anwesender Mitarbeiter der Bundespolizei konnte den Täter überwältigen. Bei dem Handgemenge seien vier weitere Personen verletzt worden, eine von ihnen schwer. Die Tat ereignete sich um kurz nach 9 Uhr auf einem Wochenmarkt im westlichen Kölner Stadtteil Braunsfeld.

Rekers Zustand kritisch, aber stabil

Reker befindet sich in der Kölner Uniklinik und wurde am Mittag operiert. "Die Patientin ist stabilisiert und außer Lebensgefahr, aber die Verletzung ist schwer", sagte ein Mitglied des medizinischen Personals der Rheinischen Post. Das bestätigte der Kölner Polizeipräsident: "Ihr Zustand ist stabil, aber sie ist nicht über den Berg."

Offenbar fremdenfeindlich motivierte Tat

Bei dem Angreifer handelt es sich um einen 44 Jahre alten Mann deutscher Staatsangehörigkeit, der seit etwa 15 Jahren in Köln lebt und nach eigenen Angaben seit mehreren Jahren arbeitslos ist. Bei seiner Festnahme wehrte sich der Täter nicht und sagte, er habe Reker gezielt angegriffen. Der offenbar verwirrte Attentäter begründete seinen Angriff auf dem Weg zur Polizei gegenüber den Beamten mit der Flüchtlingspolitik von Henriette Reker. Dem Express zufolge sagte er: "Merkel, Reker, Flüchtlingsschwemme." Bei der späteren Vernehmung wiederholte er diese Aussagen nicht, sagte der Leiter der Kölner Polizeidirektion.

Nach der Attacke soll der Täter ruhig stehengeblieben sein und mit dem Messer in der Hand auf die Polizei gewartet haben. Er wurde psychiatrisch untersucht und befindet sich mittlerweile in Untersuchungshaft.

Bei einer Pressekonferenz zeigte die Polizei die beiden Tatwaffen - ein langes Jagdmesser und ein kleines Butterfly-Messer.

Nach Aussage des NRW-Innenministers Ralf Jäger (SPD) ist in die Ermittlungen auch der NRW-Verfassungsschutz mit eingebunden. Erste Anzeichen sprächen "für eine politisch motivierte Tat". Jäger zeigte sich entsetzt angesichts des "verabscheuungswürdigen Attentats" auf Reker. "Die Polizei setzt alles daran, die Hintergründe dieser Tat so schnell wie möglich aufzuklären". Auch der ermittelnde Oberstaatsanwalt sagte, dass Zeugenaussagen auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund hindeuteten.

OB-Wahl findet am Sonntag statt

Die Kölner Wahlleiterin Gabriele Klug gab bekannt, dass die OB-Wahl trotz der Messerattacke wie geplant am Sonntag stattfinden wird. Sie appellierte an die gut 810.000 wahlberechtigen Kölner, "trotz des schrecklichen Ereignisses von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen". Eine Sprecherin der Stadt sagte, eine Wahl könne nur beim Tod eines Kandidaten abgesagt werden.

Reker war eine der Favoritinnen bei der OB-Wahl

Reker, derzeit Sozialdezernentin in Köln, ist eine der aussichtsreichen Kandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag. Die parteilose Politikerin wird von Grünen, CDU und FDP unterstützt. Neben Reker werden auch dem SPD-Mann Jochen Ott Chancen auf das Amt attestiert. Insgesamt treten am Sonntag sieben Kandidaten an. Die ursprünglich für den 13. September geplante Wahl war wegen fehlerhafter Stimmzettel um fünf Wochen verschoben worden.

Politiker reagieren bestürzt

Der amtierende Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) sprach von "einem Anschlag auf das öffentliche Leben und die Demokratie". Die Vorsitzenden der NRW-Grünen, Sven Lehmann und Mona Neubaur, zeigten sich schockiert. "Unsere Gedanken und Genesungswünsche sind bei den Verletzten." Sie riefen dazu auf, den Wahlkampf aus Respekt vor den Opfern bis zum Wahlgang ruhen zu lassen. Auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft meldete sich bei Twitter zu Wort:

Rekers Konkurrent, der SPD-Kandidat Jochen Ott, schrieb auf Facebook, dass er seinen Wahlkampf unterbricht. Er sei "zutiefst bestürzt und drücke ihr von Herzen die Daumen".

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