NSU-Prozess:Zschäpe verwahren?

Der Psychiater verlangt mehr, als in diesem Fall nötig ist.

Von Annette Ramelsberger

Endlich, nach Monaten juristischer Fechtereien, konnte am Dienstag im NSU-Prozess der Psychiater Henning Saß beginnen, sein Gutachten vorzutragen. Er hält, so viel weiß man schon nach den ersten Stunden, Beate Zschäpe für voll schuldfähig. Er sieht sie nicht als schwaches Frauchen, sondern als selbstbewusstes Mitglied in der Terrorgruppe. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Zschäpe eine lebenslange Strafe erhält, und angesichts von zehn Morden würde das Gericht dann auch die besondere Schwere der Schuld erkennen.

Das würde bedeuten, dass Zschäpe nicht nach 15 Jahren auf Freilassung hoffen könnte, sondern erst einige Jahre später; die heute 42-Jährige wäre dann wahrscheinlich eine Frau um die 60. Psychiater Saß sieht dennoch die Möglichkeit, dass sich Zschäpe wegen ihres "Hangs" zu Straftaten dann wieder der rechten Szene anschließen und erneut gefährlich werden wird. Deswegen ließ er im schriftlichen Teil seines Gutachtens auch die Option Sicherungsverwahrung offen - das hieße, sie käme wohl nie wieder in Freiheit.

Doch so verabscheuungswürdig die Verbrechen des NSU sind: Zschäpe ist schon jetzt nicht mehr gefährlich. Diese Frau ist keine Ikone der rechten Szene, anders als ihr Mitangeklagter Wohlleben. Sie kämpft nicht, sie duckt sich weg. Diese Frau war nur im Verbund mit ihren Freunden gefährlich. Jetzt ist Zschäpe vor allem eines: allein.

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